Rezension

Wir alle schauen auf denselben Himmel

Die Dame mit der bemalten Hand - Christine Wunnicke

Die Dame mit der bemalten Hand
von Christine Wunnicke

Bewertet mit 5 Sternen

Indien im Jahr 1764: Zwei sehr unterschiedlich Männer begegnen einander auf der Insel Gharapuri vor Mumbai. Der deutsche Mathematiker und Astronom Carsten Niebuhr war auf einer Forschungsreise. Seine Mitreisenden wurden von diversen Krankheiten dahingerafft. Niebuhr selbst leidet nun ebenfalls am Sumpffieber. Musa al-Lahuri ist ein Meister der Konstruktion von Astrolabien. Von Jaipur aus auf dem Weg nach Mekka strandet der Gelehrte auf der Insel. Während er einen Tempel erkunden will, vergisst ihn sein Schiff, dafür trifft er auf den fiebernden und fantasierenden Niebuhr.

Die Dame mit der bemalten Hand von Christine Wunnicke ist ein Buch über Wissenschaft, Sprache und Freundschaft. Die deutsche Schriftstellerin beschreibt sorgsam die unterschiedlichen Welten und ihre ungleichen Protagonisten. Zwischen Niebuhr und Meister Musa entsteht eine innige Verbindung trotz Sprachbarriere und verschiedener Weltanschauung.

Ihre vermeintliche Gegensätzlichkeit wird an mehreren Beispielen sichtbar. Während für den einen die Insel, auf der sie sich befinden; Gharipuri heißt, nennt sie der andere Elephanta. Bei der Betrachtung des nächtlichen Sternenhimmels sieht der eine Cassiopeia, die sitzende Frau, der andere hingegen nur deren bemalte Hand. Doch je länger sie sich radebrechend auf Arabisch verständigen, dabei so wunderbare Wortkonstruktionen wie „du lügst wie gestempelt“ entstehen, umso mehr erkennen sie: „Wir alle schauen auf denselben Himmel"

Es ist nicht dick, dieses Buch, gerade einmal 168 Seiten stark, und dabei voller Entdeckungen und feiner Momente.

Was für ein wunderbar pointiertes Buch über Unterschiede und Gemeinsamkeiten, damals wie heute.