Rezension

Wo bleibt der Roman?

Honig - Ian McEwan

Honig
von Ian McEwan

Bewertet mit 2 Sternen

Im letzten Drittel des Buches schreibt Ian McEwan: „Das war schwach, das war tot. […] kein Widerstand, keine Schwierigkeiten, kein Feuer, keine Überraschungen, nichts Gehaltsvolles oder Ungewöhnliches,. Kein Schwung, keine Dynamik. […] Das war kein Fall von plumpen Versagen an der Oberfläche. Nein, tief im Inneren des Konzepts steckte ein Fehler, wobei das Wort noch viel zu mild war für das, was es bezeichnen sollte. Das Ganze war schlicht uninteressant.“ (S.441)

Ich frage mich, ob diese Sätze ein Eingeständnis sind, oder eine Art Entschuldigung beim mittlerweile bestimmt schon zu Tode gelangweilten Leser.

Für Ian McEwan sehr ungewöhnlich – schleppt sich der Roman von Kapitel zu Kapitel und kommt bis zum Schluss nicht in Fahrt.

Vielleicht ist „Honig“ gar kein Roman, sondern eine trockene Beschreibung einer uninteressanten Person, die auf den Umfang eines Romans angeschwollen ist. Da packt nicht. Da passiert nichts.

Es muss auch nicht immer etwas passieren, doch wenn nichts passiert, dann benötigt es einer Protagonisten oder einer Situation, die aus sich heraus interessant ist. Manchmal ist auch das unspektakuläre, das Normale interessant, doch nur dann, wenn es einen Bruch gibt, oder ein Bestreben in der Figur nach etwas, das noch nicht da ist. Eine Entwicklung oder eine Ahnung einer Entwicklung – sei es durch die Figur selbst indiziert, oder von einer Umwelt aufgebürdet.

Keine dieser Komponenten finden sich im Buch wieder. Der Geist der Protagonistin ist flach und so unspektakulär, dass es einen zum Gähnen reizt. Sie entwickelt sich nicht und hat scheinbar auch nicht die geringste Lust dazu. Ähnliches trifft auch auf alle anderen handelnden Figuren zu. Sie bewegen sich in ihrem vorgefertigten Charaktermuster und brechen nicht aus. Das konstruierte MI5-Umfeld und seine historischen Verweise wirken, als ob versucht wurde, eine zweite Ebene im Buch zu schaffen, die einen begleitenden Rahmen um die Schilderung (Erzählung kann man das kaum nennen) der Protagonistin zieht.

Die nacherzählten Kurzgeschichten des Honig-Autors wirken spannender, dichter und packender, als „Honig“ selbst.

 

„Honig“ erlebte ich als Enttäuschung. Von Ian McEwan bin ich andere Erzählkunst gewohnt. Das Thema der Geschichte erscheint mir undurchsichtig und ich bin mir nicht einmal sicher, ob es überhaupt eins gibt.