Rezension

Zwei Pioniere der Luftfahrt

Der Sonne so nah -

Der Sonne so nah
von Axel S. Meyer

Bewertet mit 5 Sternen

„...Währenddessen war auf der Wiese von Schloss Girsberg am Bodensee Graf Ferdinand der Verzweiflung nahe. Schon ritt er im vollen Galopp auf das Birkenwäldchen zu, ohne dass der Drache auch nur ansatzweise das tat, was er tun sollte: fliegen...“

 

Dabei wollte der 9jährige Graf von Zeppelin doch seine Cousine Adelina mit dem Drachenflug beeindrucken.

Der Autor hat einen spannenden und humorvollen historischen Roman geschrieben. Im Gegensatz zu anderen Büchern des Genres zeichnet sich die Geschichte durch eine gewisse Leichtigkeit aus.

Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Dazu gehört auch, dass die Geschichte 1847 beginnt und abwechselnd dem Leben von Ferdinand von Zeppelin und Otto Lilienthal gewidmet ist.

Der Autor mag Aufzählungen. Die dienen dazu, mehrere Fakten gleichzeitig zu vermitteln. Nehmen wir zum Beispiel den ersten Eindruck von Berlin:

 

„...An der Spree schlug das Herz der Zukunft, hier wirkte die Elite, hier wurden Gesetze gemacht, hier gab es die schärfsten Huren, die schlechteste Luft, das schalste Bier, die lustigsten Lieder. Berlin war nicht nur ein Ort zum Herrschen, Berlin war ein Ort zum Leben und Feiern...“

 

Ab und an werden historische Fakten auf die gleiche Art zusammengefasst.

Während Otto Lilienthal in ärmlichen Verhältnissen aufwächst, kann Ferdinand aus dem Vollen schöpfen. Ottos Mutter schlägt sich mehr schlecht als recht nach dem Tode ihres Mannes durchs Leben, sorgt aber dafür, dass ihre Kinder eine ordentliche Ausbildung erhalten. Ferdinand hat den Spuren seiner Altvorderen zu folgen. Das heißt, er muss zum Militär und dort möglichst Karriere machen.

Das Leben der beiden Männer wird sehr anschaulich erzählt. Vorhandene Fakten werden mit der Phantasie des Autors ergänzt. Dazu gehört auch, dass er ihnen in der Geschichte mehrmals eine persönliche Begegnung ermöglicht. Ihr Vorhaben aber ist gegensätzlich. Während Lilienthal auf den Vogelflug setzt, träumt von Zeppelin von einem Ballon mit steuerbaren Motor.

 

„...Und deshalb wird nicht derjenige, der den Ballon hat, den Krieg gewinnen, sondern derjenige, dem es zuerst gelingt, dem Ballon seinen Willen aufzuzwingen...“

 

Das ist ein Ausschnitt aus einem Gespräch, dass Ferdinand bei einer ersten Ballonfahrt mit einem Professor in Amerika führt. Er sieht den Ballon als Spionagemittel für den Krieg. Auch in dem Punkt gehen die Ansichten von ihm und Otto auseinander.

 

„...Ich möchte sogar behaupten, dass der Mensch in nicht ferner Zukunft das Luftreich beherrschen wird wie heute die Vögel […] Der Menschenflug wird der Menschheit ewigen Frieden verschaffen!...“

 

Otto Lilienthal hat nicht mehr erlebt, wie sehr er sich mit seiner letzten Einschätzung geirrt hat.

Detailgenau wird beschrieben, wie beide Männer an der Umsetzung ihre Traums arbeiten. Das Buch endet mit dem Tode von Otto und den ersten Flug des Zeppelins.

Die Rahmenhandlung besteht aus zwei Zeitungsausschnitten zu Beginn und am Ende. Hier zeigt sich, wie sich das Bild von Otto in dieser Zeit gewandelt hat.

Im Nachwort trennt der Autor Realität von Fiktion.

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.