Rezension

Abenteuer ohne Schwung

Der Flussregenpfeifer -

Der Flussregenpfeifer
von Tobias Friedrich

Bewertet mit 2 Sternen

Aus der Ichperspektive hätte dieser Roman besser funktioniert.

Oskar Speck, (1907 – 1995) ist der Held des Romans. Es hat ihn tatsächlich gegeben. Er war ein selbständiger Elektrikermeister mit einigen Angestellten, der durch die Weltwirtschaftskrise in den frühen 1930er Jahren in den wirtschaftlichen Ruin getrieben wurde. Danach begab er sich auf eine mehr als siebenjährige Flussfahrt mit einem Faltboot der Firma Pionier, die ihn unterstützte, auf der Donau entlang bis er eines fernen Tages nach Australien kommt und dort interniert wird.

Die Recherche zum Leben von Oskar Speck und die Vermittlung der entsprechenden Ergebnisse, selbst wenn nicht alle Details historisch exakt sind und die schriftstellerische Freiheit einiges erfunden und anderes ausgelassen hat, ist das Beste, was ich von diesem Roman mitnehme. Möglicherweise wollte dieser Roman zu vieles auf einmal sein, Biographie, Reisebericht, Abenteuerroman. Von allem ein bisschen, heißt aber, es wird Stückwerk. 

 Harte Brüche und unvermittelte Cuts vermögen es, die natürliche Stofffülle in ein Korsett zu zwängen und einigermaßen zu bändigen, verderben aber weitgehend den Lesespaß, den man wohl hätte haben können. Der Lesefluß wird ständig unterbrochen, so wird man nicht warm mit einem Roman.

 „Show, don’t tell“ ist nicht ohne Grund das Schreibe-ABC. Wie gerne hätte man Durst und Hunger unterwegs miterlebt oder mit Oskar Speck gegen den Drang zu schlafen angekämpft, wenn er 16 Stunden auf dem Wasser paddelt. Dass ein Faltboot keine Ruhephasen verträgt und umkippt, wenn es „still steht“ erfährt der Leser leider nur dadurch, dass Oskar Speck es auf einem Abendempfang erzählt. Dabeisein hätte man wollen! So ist es leider mit allem, was spannend zu werden verspicht . Man geht in die australischen Minen und erfährt von mörderischer Hitze. Wer sich nun auf Abenteuer freut, wird enttäuscht. Cut. Und Oskar Speck ist wohlhabend. Wärs in meinem Leben nur auch so. Cut. Und ich bin Millionär. Die indirekte, oft durch Briefe oder witzlose Dialoge vermittelte, rückwärtsgewandte Erzählweise nimmt die Spannung aus dem Roman und macht ihn langweilig und tröge. 

Letztlich haben auch die erzählerischen Mittel nicht ausgereicht, den Stoff spannend zu präsentieren und mit authentischen Charakteren zu versehen. Radka Denemarková schreibt richtig: „Obwohl längst aus der Mode gekommen, macht der Stil den Wert der Literatur aus.“ Stilistisch ist der Roman eine Katastrophe, stilistisch rückt er an die Trivialliteratur heran. Holzschnittartige Charaktere geben dem Ganzen den Rest. 

FAZIT: Biographische Details aus dem Leben des Oskar Speck sind die Stärken des Flussregenpfeifers, wobei der echte Flussregenpfeifer übrigens ein sehr possierliches Tierchen ist. Es lohnt sich, ihn zu googeln.

Kategorie: Unterhaltung
Verlag: C. Bertelsmann, 2022