Rezension

Absolute Leseempfehlung! Wow, was für ein Fortsetzungsroman!

Palais Heiligendamm - Stürmische Zeiten -

Palais Heiligendamm - Stürmische Zeiten
von Michaela Grünig

Bewertet mit 5 Sternen

Bad Doberan, 1922

Elisabeth Kuhlmann ist es gelungen dem Palais Heiligendamm wieder den alten Glanz zu verleihen. Doch der Hotelbetrieb leidet momentan unter der anhaltenden Wirtschaftskrise und die rasante Geldentwertung, die Lebensmittelknappheit und die fehlenden Gäste machen ihr große Sorgen. Da kommt es einer Fügung des Schicksals gleich, dass ihr Hotel als Kulisse für einen Spielfilm gebucht wird und sie einen Nutzen aus der Werbekampagne ziehen kann. Es geht aufwärts, doch ihr privates Glück steht auf der Stelle. Zwischen ihr und Julius Falkenhayn liegt so viel Unausgesprochenes und die Angst verletzt zu werden. Auch ihr Bruder Paul ist unglücklich und trauert immer noch seiner verflossenen Liebe hinterher. Doch durch Zufall lernt er Carl von Herrhausen kennen, der ihn in seinen Bann zieht und ihn dazu bewegt sich in der NSDAP einzubringen. Carls Einfluss auf Paul wird immer größer und mit seiner rechten Gesinnung treibt er einen Keil zwischen sich und seine Familie. In seiner Besessenheit ignoriert er, dass er einige von ihnen in Gefahr bringt und Schuld auf sich lädt.

Nach dem ersten Band „Palais Heiligendamm-Ein neuer Anfang“ habe ich schon der Fortsetzung entgegengefiebert und ich muss sagen, dass ich diesen Teil, der die Familiengeschichte der Kuhlmanns von 1922-1933 erzählt, noch stärker und fesselnder fand. Vor lauter Lesesucht konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen. Eine Geschichte, die voller Dramatik steckt, einem ans Herz geht, Beklemmung, Verachtung und Mitleid erzeugt und bei der man die ganze Zeit unter einer ahnungsvollen Nervenanspannung steckt. Sehr authentisch transportiert die Autorin mit ihren Charakteren diese Emotionen zum Leser hinüber. Hervorragend wurde in diesem Roman die politische Entwicklung in Deutschland, der stetig wachsende Antisemitismus und Nationalsozialismus, das fanatische, rücksichtslose und engstirnige Verhalten der rechten Anhänger und ihre Machtbesessenheit mit eingebunden. Hier spürt man wieviel Zeit Michaela Grünig in die Recherche gesteckt hat.  Doch auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Elisabeth und Julius überwinden Hürden, halten zusammen, sind füreinander da und meistern schwierige Zeiten. Ich habe so mit den beiden mitgefiebert, gezittert und mich unheimlich mit ihnen gefreut. Ich bin sehr gespannt darauf, wie ihre Zukunft im dritten Band der Reihe aussehen wird. Am meisten fasziniert und polarisiert haben mich die Charaktere von Paul und Carl. Paul entwickelt sich zum Mitläufer, der von seinem berechnenden, skrupellosen, triebgesteuerten und von Ehrgeiz besessenen Freund benutzt wird. Da kocht man innerlich vor Wut und ist schockiert über ihren bedingungslosen Einsatz für die nationalsozialistische Bewegung. Schade, dass Paul so im Bann von ihm steht und alle, die er sonst noch liebt verletzt, vor den Kopf stößt, manipuliert und sogar noch für etwas schlimmeres verantwortlich ist. Auch hier bin ich unheimlich neugierig darauf, wie sein Leben sich weiterentwickelt, genauso wie das von seiner Schwester Johanna, die mit ihrem Mann nach Paris geflüchtet ist. Auch Luise, die Jüngste der Kuhlmanns, hat mir als schillernde Figur in diesem Roman sehr gut gefallen. Sie entwickelt sich zu einem gefragten Filmstar. Doch ihre Karriere wird von einem Mann beeinflusst, der nicht gut für sie ist. Etwas zu kurz gekommen in diesem Buch sind dieses Mal Friedrich Kuhlmann und seine Frau Margot und ich frage mich, welche Rolle ihnen als Ärzte im nächsten Roman zugedacht wird.

Nach diesem Lesehighlight bin ich schon so gespannt auf die Fortsetzung „Palais Heiligendamm-Tage der Entscheidung“, die im Januar 2022 erscheinen wird! Politisch steuert Deutschland auf eine schwere, kriegerische und belastende Zeit zu und ich bin begierig darauf zu erfahren, wie die Kuhlmanns das alles bewältigen werden.