Rezension

Als die Liebe endlich war

Als die Liebe endlich war - Andrea Maria Schenkel

Als die Liebe endlich war
von Andrea Maria Schenkel

Bewertet mit 5 Sternen

Verfolgung, Existenzangst und Neuanfänge in der Fremde - das sind die Erfahrungen des jungen Juden Carl Schwarz, als er 1950 in Brooklyn Emmi kennenlernt, die wie er aus Bayern stammt. Sie hat Deutschland nach dem Krieg verlassen, und wie er will auch sie ein neues Leben beginnen. Carl findet bei Emmi die Heimat, die er elfjährig verlassen musste, und lebenslange Liebe und Geborgenheit. Über die Vergangenheit reden beide nicht - zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an das, was war. Jahrzehnte später wird Carl von einer Freundin gebeten, den schriftlichen Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes durchzusehen, eines Holocaust-Überlebenden. Nur widerwillig macht sich Carl an die Arbeit - und stößt in den Briefen und Unterlagen aus dem KZ Dachau auf Hinweise aus Emmis Vergangenheit. Das Fundament aus Verschweigen und Halbwahrheiten, auf dem ihr gemeinsames Leben basierte, beginnt zu zerbrechen ...

‚Als die Liebe endlich war‘ von Andrea Maria Schenkel ist ein Buch, das mich mit seiner Intensität positiv überrascht hat. Der Titel mutet eher eine seichte Romanze an, der Klappentext straft dieser ersten Ahnung jedoch Lügen. Es handelt sich hier eher um eine Art Familiengeschichte.

Die Handlung ist in drei Teile aufgeteilt und spielt in zwei unterschiedlichen Zeitebenen. Ein Handlungsstrang erzählt die Geschichte von Grete und ihren Kindern Carl und Ida, die wegen ihres jüdischen Glaubens von Regensburg nach Shanghai flüchten mussten und sich dort während der Kriegszeit ein Leben aufbauten. Im zweiten Handlungsstrang erfährt der Leser etwas über Erna, die von ihren Eltern nach München geschickt wurde und dort bei ihrer Tante Marga ein Zuhause findet. Besonders in diesem Handlungsstrang hat die Autorin den Blick auf die Diversität der Frauenrollen im nationalsozialistischen Deutschland gelenkt. Der dritte Handlungsteil spielt im Jahr 2010 und ist mit einem Kapitel jeweils am Ende der beiden ‚rückblickenden‘ Handlungsstränge angesiedelt. Carl ist inzwischen ein alter Mann und lebt mit seiner Frau Emmi in Amerika. In diesen Kapiteln erfährt der Leser nochmals etwas durch Carls Blick über die längst vergangenen Geschehnisse und ist gleichzeitig mit Carls Entdeckungen in der Gegenwart konfrontiert.

Die Charaktere sind alle sehr lebensnah und mit einer großen Tiefe gestaltet. Auch die vermeintlichen Nebencharaktere bleiben durch ihre lebhafte und feinfühlige Darstellung lang im Kopf verhaftet. Insgesamt wirken nicht nur die Personen, sondern auch die umgebenden Geschehnisse sehr authentisch. Auch der angenehme Schreibstil, durch den gleichzeitig eine gewisse Distanz und eine besondere Nähe zu den Schicksalen hergestellt wird, trägt sehr zu einem tollen Leseerlebnis bei. 
‚Als die Liebe endlich war‘ ist ein Buch, das ganz nebenher zum Nachdenken anregt und einen so schnell nicht mehr loslässt.