Rezension

Amüsantes Romanensemble in schickem Gewand

Meine Mutter sagt -

Meine Mutter sagt
von Stine Pilgaard

Bewertet mit 3.5 Sternen

Stine Pilgaards Debütroman „Meine Mutter sagt“ gehört eindeutig nicht zum literarischen Einheitsbrei, führt inhaltlich wie auch formelle Besonderheiten in die Romanform ein, bleibt aber leider unterm Strich eher als amüsanter Unterhaltungsroman hängen.

Die Ich-Erzählerin des Romans, Studentin kurz vor dem Abschluss des Studiums, wurde von ihrer älteren Partnerin verlassen. Warum? Die Partnerin will Kinder, die Erzählerin nicht. Das Problem lag schon länger in der Luft, die Trennung scheinbar unumgänglich. Für die tendenziell eher labile Erzählerin ist dieses Ereignisse jedoch viel zu viel und es wirft sie komplett aus der Bahn. Sie zieht bei ihrem Vater ein, ein größtmöglich toleranter Hippie-Pastoren-Vater, der großer Pink Floyd Fan ist (wird im Roman noch einmal sehr relevant!). Die Mutter, welche schon seit der Kindheit der Protagonistin vom Vater getrennt lebt, oder vielmehr er von ihr, beschallt nun ihre Tochter sowohl mit Ratschlägen aber hauptsächlich eher mit ihren eigenen Bedürfnissen.

Unterbrochen wird die Handlungsebene, auf welcher es darum geht, dass die Protagonistin ihren Liebeskummer zu überwinden lernt, durch die sogenannten „Seepferdchenmonologe“. Gleich zu Beginn wird ihr nämlich im Gespräch mit ihrem Arzt klar, dass sie durch ihr besonders gutes Gedächtnis, welches über den Hippocampus-Bereich des Gehirns ins Langzeitgedächtnis konsolidiert wird, scheinbar mit den Seepferdchen verwandt ist. In den Monologen lässt die Protagonistin nun immer wieder vermittelt über verschiedene Sinneseindrücke Erinnerungen aus ihren früheren Partnerschaften, Liebeleien, One-Night-Stands und Affären aufleben. Das ist eine interessante Technik, die die Autorin hier anwendet, aber leider verlieren diese Einschübe im Verlauf des Romans an Dringlichkeit und Relevanz, klingen manchmal wie pseudo-philosophische Überlegungen.

Auf der formellen Ebene fällt auf, dass die Autorin auf jegliche Anführungszeichen verzichtet, obwohl ein überwiegender Anteil des Textes in direkter Rede verfasst ist. Das führt an manchen Stelle dazu, dass es so klingt, als würde der Konjunktiv I verlangt, aber nicht bedient. Soll heißen, es gibt Sätze die identisch mit „Meine Mutter sagt, ich habe dies und jenes gemacht…“ beginnen, aber einmal bedeutet es (aus dem Kontext zu erschließen), dass mit dem „ich“ die Mutter selbst gemeint ist und manchmal mit dem „ich“ die Ich-Erzählerin gemeint ist. Das macht das Lesen gerade zu Beginn sehr holprig. Man gewöhnt sich daran, aber der Sinn und Zweck des Ganzen erschließt sich mir nicht.

So fällt zwar der Roman in Bezug auf die große Masse der unterhaltenden Literatur formell auf, kann aber seine inhaltlichen Themen nicht langfristig platzieren. Denn schlussendlich bleibt nach der Lektüre wenig vom Roman hängen. Die ein oder andere Situationskomik gibt es auf jeden Fall und man kann gut schmunzeln, aber inhaltlich verläuft sich das Ganze zum Ende hin. Zunächst bekommen wir über weite Strecken den juvenilen Weltschmerz der Protagonistin mit, der eine recht einfache Auflösung erfährt. Wirklich interessant am Buch ist weniger die Erzählerin als die skurrilen Nebenfiguren, die mit ihren Eigenarten immer wieder für Amüsement sorgen. So finden wir heraus, dass die Mutter es mit der Wahrheit nicht so eng sieht und deshalb das, was sie laut Titel des Buches sagt, auch häufig auf die eigenen Bedürfnisse zurechtgebogen sein kann.

Es handelt sich hier um ein durchaus kurzweiliges Buch, welches sich trotz der anfänglichen Eingewöhnungszeit gut lesen lässt, aber leider darüber hinaus nicht lange hängen bleiben wird. Besonders hervorheben möchte ich die liebevolle Gestaltung des Buches, welche dem Kanon Verlag ganz hervorragend gelungen ist. Das lässt das bibliophile Herz höher schlagen.

3,5/5 Sterne