Rezension

Anderer Themenschwerpunkt als erwartet, Erzählstil lag mir nicht

Und damit fing es an - Rose Tremain

Und damit fing es an
von Rose Tremain

Bewertet mit 3.5 Sternen

Zum Inhalt:
Nach dem zweiten Weltkrieg gelangt der jüdische Junge Anton mit seiner wohlhabenden Familie in das schweizerische Dorf Matzlingen und freundet sich dort mit Gustav an, der alleine mit seiner Mutter, einer Polizistenwitwe unter ärmlichen Bedingungen lebt. Gustavs Mutter mag Anton nicht und kann die Freundschaft nur schwer ertragen. Den Grund dafür führt in die 1930er Jahre, als die Schweiz in ihrer  Furcht vor einer Annexion durch Nazi-Deutschland die Einwanderung der Juden verbietet, ihr Gold dafür aber umso lieber hortet und sich somit schuldig macht, dies aber nicht aufarbeiten will...

Mein Interesse an der Leserunde wurde dadurch geweckt, dass es laut Trailer und Beschreibung vor allem um die Freundschaft der beiden sehr unterschiedlichen Jungen gehen sollte. Stattdessen war es eher eine überfällige und gelungene Aufarbeitung der Schweizer Geschichte und politischen Haltung des Nicht-Einmischens, die sich auch auf ihre Bewohner abzufärben scheint.

Die Geschichte hat daher nur am Anfang ihren Focus auf den beiden Jungen, danach sind Gustavs Eltern und ihre Geschichte im Vordergrund und im letzten Abschnitt dann Gustav und Anton in ihrem 50. Lebensjahr. Dazwischen waren mir zuviele Lücken, zuviel nicht-erzählte Informationen, Leben, Leiden, Schicksale. Vieles wird nur angedeutet, was ich interessant gefunden hätte, z. B. die Jugend der beiden Jungen. Das liegt halt am Themenschwerpunkt, den ich ansonsten sehr interessant finde und dessen Dramatik gut herausgearbeitet wurde.

Schwierig zu lesen und am Buch zu bleiben fand ich dagegen durch den Erzählstil bedingt.  Die Sätze waren teilweise sehr abgehackt, oftmals Hauptsätze, der Erzählfluss dadurch etwas stuckelig. 

Sobald es um Gefühle ging, wurde das Thema gewechselt, was natürlich einerseits die Figuren charakterisiert, andererseits aber eine große Distanz des Lesers zu den Figuren schafft. Mir blieben die Figuren größtenteils sehr fremd, ihre Schicksale berührten mich in großen Teilen nicht. Einzig die Mutter Gustavs konnte durch ihr Verhalten einigen Ärger und Gustav einige Trauer bei mir auslösen, das war es dann aber schon. 
Vor allem im letzten Teil, der späten Erwachsenenzeit Gustavs und Antons habe ich das Buch ohne größeres Interesse und Empathie gelesen. Ich glaube, dass die Zeit- und Themenwechsel dazu beigetragen haben. Die Erzählung der Kindheit war mir da zu kurz, das Verhalten als Erwachsene nicht nachvollziehbar.

Mein Fazit: Das Buch ist, wenn man den Themenschwerpunkt entgegen der Werbung auf die Judenverfolgung und den Umgang der Schweiz mit ihrer Schuld und Nicht-Aufarbeitung der Geschichte legt, gelungen. Ich hatte etwas anderes erwartet, komme aber (schon beruflich bedingt) auch mit Geschichtsthemen klar. Der Erzählstil war dann letztlich ausschlaggebend für den Sternenabzug, da dieser mir große Teile der Geschichte etwas verdorben hat.