Rezension

Anfangs spannend und richtig gut zu lesen, letztes Viertel unglaubwürdig und reißerisch

Micro - Michael Crichton, Richard Preston

Micro
von Michael Crichton Richard Preston

Bewertet mit 2.5 Sternen

Nicht homogen, von unterschiedlicher Qualität durch zwei Autoren - Krimi, Wissenschaftsthriller, Fantasy, Überlebenskampfroman

Ich finde es immer interessant zu wissen, warum jemand ein bestimmtes Buch liest. Hier war es so: ich hatte Prestons Ebola-Buch gelesen, es gut gefunden und nach weiteren von ihm gesucht. Aha, zusammen mit Michael Crichton hat er 'Micro' geschrieben. Crichton, ist das nicht der von 'Jurassic Parc'? Hoffentlich ist es nicht reißerisch, dachte ich. Egal, erst mal reinschnuppern.

Ein Vorwort von Michael Crichton, unvollendet – wieso das? Ich finde es gut. Er kritisiert, dass die Menschen, schon die Kinder, die nur noch vor elektronischen Geräten sitzen, die Verbindung zur Natur verloren haben und das Verständnis dafür.

Die Story:

Wir fliegen mit 7 jungen Wissenschaftlern von den USA nach Hawaii, ein interessantes Setting, das auch in Flora und Fauna gut beschrieben wird. An so mancher Stelle hätte ich mir noch Fotos dazu gewünscht. Es muss eine großartige Natur sein, vieles noch unerforscht. Die Studenten wollen sich eine Forschungsstation angucken, um dann zu entscheiden, ob sie für diese Firma – Nanigen Micro Technologies – arbeiten wollen.

Doch dann läuft alles aus dem Ruder. Es gibt nicht nur Tote, die auf seltsame Weise ums Leben gekommen sind und Verschwundene, sondern die jungen Leute geraten in das Abenteuer ihres Lebens: als etwas über 1 cm kleine Micro-Menschen müssen sie sich durch die Insektenwelt eines Naturparks 'kämpfen'. Und das ist gar nicht mal kitschig erzählt, sondern großartig spannend, die Begegnungen mit der großen Insektenvielfalt, mit der unbarmherzigen Natur, die weder 'gütig noch nett ist und kein Mitleid kennt', eine Reise in das verborgene Herz der Natur, in eine Welt der noch nie gesehenen Wunder. (eBook 197)

Für die winzigen Menschen und damit für den Leser wird der ganze Reichtum sichtbar, das Gewimmel, das wir sonst gar nicht wahrnehmen, weil sie vielleicht nur so groß wie ein I-Punkt sind.

Mit angehaltenem Atem verfolgt man als Leser lebensgefährliche Begegnungen mit Ameisen, Wespen und anderen Tieren. Es geht ums Überleben und darum, wieder zurück in die Forschungsstation zu kommen. Werden sie überleben? Wird jemand sterben? Werden sie rechtzeitig zurückkommen, ehe ihr Microstatus ein inneres Verbluten auslöst?

Bis dahin fand ich das Buch großartig, nicht nur wegen der Spannung, sondern auch wegen der großartigen Schilderungen der Insektenwelt, wobei man sogar noch etwas lernt. Doch dann – auf den ca. 100 letzten Seiten – kommt für mich ein abrupter Bruch: die Ereignisse überstürzen sich, die Handlung wird unglaubwürdig und reißerisch, und auch stilistisch empfand ich eine Änderung hin zu einfacheren Sätzen mit oft gleichen Anfängen. Als ob plötzlich ein anderer geschrieben hätte! Doch 'stopp'. Genau das ist ja auch der Fall. Wir haben es hier mit zwei Autoren zu tun. Wie ich dann recherchierte, war Crichtons Buch wegen seines Todes unvollendet und wurde von Preston weitergeschrieben.

Tut mir leid, harsch zu urteilen, aber das anfangs so großartige Buch empfand ich jetzt als klamaukhafte, drittklassige Räuberpistole. Hätte ich das gewusst, hätte ich es nicht gelesen und ich kann auch keine Leseempfehlung aussprechen.