Rezension

Auf dem Abstellgleis

Metropol - Eugen Ruge

Metropol
von Eugen Ruge

Bewertet mit 3 Sternen

Ich wünschte Eugen Ruge würde auch noch über etwas anderes schreiben als über seine Familie. Er benutzt die Leserschaft quasi als Therapeuten.

In dem Roman „Metropol“ verarbeitet der Autor mehr oder weniger eine Teilbiografie seiner Großeltern, Charlotte und Wilhelm. 

Während der sogenannten Großen Säuberung (1936 bis 38) durch das Regime Stalins wird das Ehepaar, das sich bedingungslos der kommunistischen Partei angeschlossen hat und auch einige revolutionäre „Missionen“ ausgeführt hat und schließlich nach Russland, in das Mutterland der Revolution ausgewandert ist, in das Hotel Metropol/Moskau verbannt. Sie sind von ihren jeweiligen Aufgaben entbunden. Sie wissen nicht, wie es weitergeht und leben in ärmlichen und für sie demütigenden Umständen im Luxushotel. Der Luxus ist vorhanden, aber nicht für sie. Sie bekommen das Dienstbotenessen in einem Nebenraum des Hotels. Wer warmes Wasser und eine eigene Toilette hat, genießt schon riesigen Luxus. 

 Denn wer im Hotel Metropol auf den Entscheid seiner Angelegenheit durch die Partei wartet, ist von der Partei kaltgestellt geworden. Kaltgestellt und möglicherweise bald kaltgemacht. Jeder hat Angst, dass es auch für ihn darauf hinausläuft. Man liest in der Zeitung von der Vollstreckung der Urteile. Arbeitslager. Erschießungen. Einige aber wurden von der Partei auch rehabilitiert und kamen zurück in Amt und Würden. Man schreibt also Briefe der schleimerischen Art. Jeder Genosse ist ein Denunziant. Oder könnte einer sein. 

Der Kommentar: 
Der Autor versteht es, die bedrückende Atmosphäre lebendig werden zu lassen, die immer dort herrscht, wo jeder jeden verdächtigt und denunziert. Wo man wie bei Kafkas Prozeß nicht einmal weiß, wessen man beschuldigt wird, ja, wessen man verdächtigt wird. 

Das alles ist sehr dicht und nachvollziehbar. Und doch fehlt „Metropol“ die Leichtigkeit des Vorgängerbands „In den Zeiten des abnehmenden Lichts“, in dem der Autor zwar auch Familiengeschichte aufarbeitet, aber fließender und thematisch umfänglicher erzählt, dennoch verdichteter. 

 Fazit: Eindrücklich - jedoch auch eintönig und nervig.

Kategorie: Belletristik. Historischer Roman
Verlag: Rowohlt, 3. Aufl. 2019