Rezension

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Wildrosensommer - Gabriella Engelmann

Wildrosensommer
von Gabriella Engelmann

Bewertet mit 4 Sternen

Aurelia heißt die junge Frau, die auf dem Münchner Viktualienmarkt an dem Blumenstand ihrer besten Freundin Coco arbeitet und sich ansonsten liebevoll um ihre beiden Töchter Molly und Louisa kümmert. Seit zwei Jahren tut sie dies alleine, denn da verschwand ihr Lebensgefährte Nic von einem Tag auf den anderen. Verzweiflung befällt Aurelia, wenn sie an das ungeklärte Schicksal Nics denkt, und auch die Mädchen vermissen ihren Vater. Als die junge Mutter eines Abends bei der Durchsicht von Nics Büchern auf einen Bildband stößt, entdeckt sie dort neben dem Bild eines wunderschönen Hausbootes vier handgeschriebene Wörter: 'Wir sehen uns dort.' Eindeutig die Handschrift Nics - doch wem galten diese Wörter?

Zum ersten Mal scheint es so etwas wie eine Spur zu geben, und Aurelia macht sich dorthin auf, wo sich der Liegeplatz des Hausbootes befindet: die Vier- und Marschlande an der Elbe, nahe Hamburg. Doch obwohl sich hinsichtlich des Verbleibs von Nic zu ihrer Enttäuschung nichts Neues ergibt, verliebt sich Aurelia sofort in das Hausboot. Dies steht auch noch zum Verkauf an - und weil der Geist des verstorbenen Besitzers darauf spuken soll, auch noch zu einem Spottpreis. Spontan beschließt Aurelia, dieses so idyllisch gelegene Hausboot zu kaufen, es renovieren zu lassen, es liebevoll einzurichten - und dann mit Sack und Pack dorthin umzuziehen. Und auch wenn ihre Töchter nicht gerade begeistert darauf reagieren - es ist für alle ein Neuanfang.

Glücklicherweise entpuppte sich dieses Buch nicht als die schnulzige Liebesgeschichte, die ich zunächst erwartet hatte. Zwar spielen auch hier Gefühle eine wichtige Rolle, doch ins Kitschige gleitet die Geschichte für meine Begriffe nicht ab. Mit Aurelia hat Gabriella Engelmann eine sympathische - vielleicht etwas zu perfekte - Frau in den Mittelpunkt des Geschehens gestellt, deren Gedanken, Gefühle und Handlungen zu jedem Zeitpunkt authentisch wirken. Gabriella Engelmann gelingt es, mit den Sehnsüchten der Leserin zu spielen - den Sehensüchten nach einem schönen Zuhause, nach einer idyllischen Umgebung, nach Freunden, nach Geborgenheit, nach allem, was der Seele gut tut, nach Liebe. Und so kann die Leserin  Aurelia in ihrer Suche nach Antworten, nach einem festen Standort im Leben, nach dem Weg aus dem Chaos nicht nur begleiten, sondern sich auch ein Stück weit mit ihr identifizieren. Vor allem die Stärke der jungen Frau, die damit trotz aller gelegentlichen Verzweiflung den Widrigkeiten des Lebens trotzt, kann hier imponieren.

Gabriella Engelmanns angenehmer Schreibstil und die bildhaften Beschreibungen ließen mich durch die Seiten fliegen. Ein Roman für ruhige Abende, der einen mitnimmt vor die Tore Hamburgs, der eine interessante Familiengeschichte mit allerlei interessanten Elementen vermischt und an eigene Sehnsüchte rührt. Für mich eine gelungene Mixtur.

© Parden