Rezension

Auf der Suche nach der Magie der Worte…

Die Vermesserin der Worte -

Die Vermesserin der Worte
von Katharina Seck

Bewertet mit 4 Sternen

„Wie musste sich Perfektion anfühlen, wenn sie plötzlich wie ein Stück Glas einfach in tausend Scherben zerbrach und man genau wusste, dass man sie nie mehr zu dem zusammensetzen konnte, was man einen Atemzug zuvor noch in den Händen gehalten hatte? Das einem nur die Erinnerung blieb, die irgendwann, über Jahre und Jahrzehnte hinweg, verblasste, egal, wie sehr man sich dagegen sträubte?“ (S. 148)

 

„Lücken zwischen den Gedanken“ so beschreibt die Autorin die Demenz… das Buch befasst sich mit dem Älterwerden und Demenz. Der Leser blickt in tief verborgene Winkel der menschlichen Seele, erfährt die heilende und besondere Bedeutung von Worten.

 

Ein Buch voller Charaktere die einem ans Herz wachsen. Sie wirken greifbar und echt. Ida ist eine Autorin ohne Worte und hat ihr Leben nicht ganz im Griff. Mir war sie auf Anhieb sympathisch und irgendwie vertraut. Ida trifft auf die alte Dame Ottilie deren Erinnerungen langsam verblasen. In einem heruntergekommenen Herrenhaus treffen die beiden ungleichen Frauen aufeinander und durch die Magie von Geschichten verändert sich ihre Welt.

 

Das Buch mutet ein bisschen wie ein Märchen an und ist einer wundervollen Sprache verfasst. Ganz besondere Sätze und Worte klingen durch, man spürt wie jedes Wort mit Bedacht ausgewählt und platziert wurde. Was jeden Buchfanatiker freuen dürfte, man spürt die Buchverliebtheit der Charaktere und die tiefe Verbundenheit eben jener dadurch.

 

Es ist schon ein besonderes Büchlein. Emotionen werden gut übertragen, aber man spürt auch, dass oft die einfachsten Worte die stärksten sind und dass die größten Schätze manchmal in den verborgensten Ecken zu finden sind.

 

Die Charaktere sind lebendig und authentisch, es schwingt eine Vertrautheit beim Lesen mit. Der Anfang wirkt für mich etwas trostlos und traurig dadurch, aber nach und nach entfaltet dieses Buch seine Zartheit und lässt Ängste und Sehnsüchte anklingen. Ida die nach ihren verlorenen Worten sucht und Ottilie die gegen das Vergessen kämpft. Ein weiterer besonderer Charakter ist Theobald der einsame Postbote, ihn habe ich bereits zu Beginn in mein Herz geschlossen.

 

Das Buch ist eine kleine Liebeserklärung an die Literatur, die Menschlichkeit und die unendliche Magie von Worten in ihrer schönsten Form. Definitiv keine leichte Lektüre und für mich nicht in einem Rutsch durchlesbar. Es stimmt einen nachdenklich und macht einen traurig. Aber es vermittelt auch die Botschaft, dass Geschichten Hoffnung geben.

 

⭐️⭐️⭐️⭐️