Rezension

Auflistung von Missständen in den USA mit einer unsympathischen Anwältin

Anklage - John Grisham

Anklage
von John Grisham

Bewertet mit 2.5 Sternen

Anklage von John Grisham, erschienen im Heyne Verlag am 2. März 2015.

Samantha Kofer ist gefeuert. Lehmann Brothers ist kollabiert und der Anwaltskanzlei für die sie arbeitet, wirft wie die anderen großen Kanzleien alles an Ballast ab was sie können. New York ist überschwemmt von arbeitslosen Juristen die in den schrumpfenden Kanzleien keine Jobs finden. Der Arbeitgeber von Smantha setzt sogar noch einen drauf: wenn sie für ein Jahr eine Pro-Bono-Stelle annimmt, wird ihre Krankenversicherung weiter bezahlt und S&P würde sie evtl. wieder einstellen. Diese Pro-Bono Stellen sind selbstverständlich alle da wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und erst will Samantha gar nicht drauf einsteigen. Mehr aus einer Laune raus bewirbt sie sich trotzdem und bekommt Absage nach Absage. Nicht mal eine Praktikantenstelle wo sie umsonst arbeitet kann sie bekommen? Ihr Ehrgeiz wird geweckt und bei der ersten Möglichkeit eine Stelle zu bekommen eilt sie in das verschlafene Nest Brady, Virginia in den Appalachen wo es nichts gibt, außer Natur, Kohleförderung und arme Hillbillys.

John Grisham erschafft mit Smantha Kofer eine neue Romanfigur die er scheinbar zur Heldin von mehr als diesem einen Roman machen möchte Auf etwas über 500 Seiten entwickelt sie sich wie Grisham das haben möchte. Er stellt uns in diesem Roman die Appalachen mit ihren großen Tagebaukatastrophen vor, mit Städten wo Arbeit nur bei den Ausbeutern der Kohleindustrie zu bekommen ist, die von ausländischen Investoren geleitet werden und die Natur vergewaltigen, sich die Kohle einverleiben und Giftschlaemme und verarmte Landeigentuemer denen sie kaum einen Bruchteil des Geldes für ihre Kohle überlassen, ausspucken. Grisham spricht so ziemlich jedes Thema an was in den letzten Jahren in den USA an sozialen Ungerechtigkeiten abgelaufen ist. Angefangen davon, dass der Umweltschutz mit Füssen getreten wird, die Natur ausgebeutet wird und sterbend zurückgelassen wird, über Inkassounternehmen die, berechtigte und  unberechtigte, Schulden mit überaus fragwürdigen Mitteln versuchen durchzusetzen wobei manch ein Mensch am Ende wegen einer Strafe die er wegen Geschwindigkeitsübertretung erhalten hat ins Gefängnis muss. Es sind alles wichtige Themen die auch gerne in einem Roman von Grisham abgearbeitet werden dürfen, aber bitte doch nicht alle auf einmal!

Wie immer hat Grisham einen angenehmen Schreibstil. In diesem Roman werden das Dorfleben wie es die Mehrheit der Südstaatler erleben und das Stadtleben von Manhatten direkt nebeneinander gestellt. Leider macht dabei die Protagonistin keine allzu gute Figur. Selbstverliebt und mit der festen berzeugung, dass das Dorfleben nur ein Abklatsch vom Leben ist, weint sie über weite Strecken eher dem fehlenden kulinarischen Genuesen von Manhattan in Brady nach, und will sich nicht wirklich auf die Nöte und Sorgen der Pro-Bono Law Clinic einlassen, dass sie mir einfach nur unsympathisch sein konnte. Bei dem unbefriedigenden Ende des Buches gehe ich davon aus, dass mindestens noch ein Teil geplant ist. Nachdem ich von Anklage nun aber gar nicht überzeugt gewesen bin, werde ich mir vermutliche Folgebände erst mal schenken.