Rezension

Beängstigende Krankengeschichte

Der Angstsammler - Jasper DeWitt

Der Angstsammler
von Jasper DeWitt

Bewertet mit 4 Sternen

Der Patient Joe gilt als nicht unheilbar. Im Alter von 6 Jahren kam er in die Nervenheilanstalt und hat seither das Personal in den Wahnsinn oder den Tod getrieben. Der junge Psychiater Parker wird vom Ehrgeiz gepackt und nimmt sich des abgeschriebenen Patienten an. Er ahnt nicht, dass er damit in einen wahren Albtraum gerät.

Parker fängt mit dem Job in der Nervenheilanstalt an. Es ist seine erste Anstellung nach dem Studium und er fügt sich rasch ins Alltagsgeschehen ein. Ambitioniert strebt er nach Herausforderungen und wird auf Joe aufmerksam, der seit mehr als 20 Jahren unbehandelt in seinem Zimmer sitzt.

Als ich von diesem Buch erfahren habe, war sofort klar, dass ich es haben muss. Ich lese sehr gern Horror- oder Schauerromane, die mit dem Wahnsinn und der Angst davor spielen. 

Zuerst ist einmal die Art, wie von den Ereignissen erzählt wird. Der Psychiater Parker wählt dafür ein Forum im Internet, wo er von seinen traumatischen Erfahrungen in der Nervenheilanstalt berichtet. Er verwendet das medizinische Forum als Werkzeug, um sich selbst auszusprechen und die Tragweite der Ereignisse mit Kollegen zu teilen. Post für Post geht er auf das Geschehen ein. Dieser Stil hat mich sofort eingefangen. DeWitt unterstreicht damit das Entsetzliche an seiner Geschichte. Er stellt einen Arzt in den Mittelpunkt, der derart traumatisiert ist, dass er sich Rat und Anteilnahme seiner Kollegen nur durch die Anonymität des Internets erhofft. 

Parker selbst ist ehrgeizig und ihm ist bewusst, dass er aufgrund seiner Qualifikationen für die Nervenheilanstalt ein Gewinn ist. Das verleiht ihm die jugendliche Arroganz des Berufseinsteigers, der zu wissen meint, wie es läuft, und dabei leicht verächtlich auf die erfahrenen Kollegen schielt.

So landet Parker beim Patienten Joe, der über Jahrzehnte hinweg für professionelle Zurückhaltung in der Anstalt sorgte. Die Umstände um Joes Leiden breiten sich anhand von Patientenakten und persönlichen Gesprächen vor Parker aus, und der Jungspund ahnt nicht, dass er im Schlund der Hölle landen wird. 

Meiner Meinung nach ist „Der Angstsammler“ ein bedrückender Horror-Roman. Das Setting um die Nervenheilanstalt ist unheimlich, es macht Angst und die Erzählungen von Joes Krankengeschichte sorgen für eine beklemmende Grundstimmung.

Die Handlung ist beängstigend und bringt Protagonist Parker in eine verzweifelte Situation, obwohl er eingangs als akademischer Überflieger die Anstalt betritt. Schon bei den Forenbeiträgen zu Beginn spürt man lethargische Fassungslosigkeit im Rückblick auf die Ereignisse. 

Die Erzählweise ist ruhig. Parker bemüht sich, nüchtern zu berichten. In seinen Schilderungen geht er auf persönliche Hintergründe seiner Entscheidungen genau so wie auf Einwände seines Umfelds ein. Dabei wird die Situation von Eintrag zu Eintrag beklemmender, bedrohlicher und spitzt sich immer mehr zu wahrem Horror zu.

Und dieser Horror hat es in sich. Jasper DeWitt hat sich auf Lovecrafts Spur begeben und einen feinen Roman geschrieben, der für ein mulmiges Gefühl in der Magengegend sorgt. Es liest sich gut, fesselt und fängt die drückende Atmosphäre der Nervenheilanstalt auf beängstigende Weise ein. Eventuell hätte die Geschichte mehr Tempo vertragen, dafür sind die Wendungen unvorhersehbar und die Richtung der Story ist genial umgesetzt.

Alles in allem habe ich „Der Angstsammler“ gern gelesen, mich gegruselt und habe mich von der Geschichte gut unterhalten gefühlt. Ich denke, dass es ein empfehlenswerter Schauer-Roman für geneigte Leser ist.