Rezension

Beeindruckender historischer Roman

Die Feuerschreiber - Claudia Schmid

Die Feuerschreiber
von Claudia Schmid

Bewertet mit 5 Sternen

„...Sein Naturell war auf Ausgleich bedacht, und er hätte gern all Parteien zusammengebracht, so dass sie gemeinsam zum Wohle aller wirken konnten...“

 

Wir schreiben das Jahr 1517. In Tübingen erfährt Philipp Melanchthon vom Thesenanschlag Luthers. Im Jahre 1518 wird Melanchthon an die Universität nach Wittenberg berufen. In dem Moment beginnt die Zusammenarbeit der beiden ungleichen Männer.

Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Das Buch lässt sich gut lesen. Viele Stellen zeugen von der exakten Analyse der Zeitverhältnisse. So werden auch Personen erwähnt, die die Lebenswege von Luther und Melanchthon nur marginal tangierten, erwähnt, wenn sie im Rahmen der Reformation eine Rolle spielten.

Die beiden Protagonisten werden gut charakterisiert. Da ist Luther, der ein begnadeter Redner ist, und durch seine Stimmgewalt auffällt. Sein cholerisches Temperament macht ihn nicht unbedingt zu einem einfachen Partner. Melanchthon dagegen ist ganz Wissenschaftler. Sein Handwerkszeug ist die Feder. Während seiner Arbeit kann er alles um sich vergessen. Stets ist er auf Ausgleich bedacht, kritisiert aber natürlich falsche Entwicklungen. Dabei sieht er vieles differenzierter als Luther. Obiges Zitat beschreibt ihn sehr gut.

Der Schriftstil des Buches ist abwechslungsreich. Es gibt Teile, die eher informativen Charakter tragen. So gewährt mir die Autorin einen ausreichenden Einblick in Melanchthons Kindheit und Jugend. Andere Stellen sind der genauen Darstellung der Bibelübersetzung gewidmet. Dabei wird deutlich, dass das Ringen um das rechte Wort harte Arbeit war. Genügend Raum gibt es für das Privatleben, insbesondere von Melanchthon. Er entpuppt sich als liebevoller Vater, der trotz seiner Arbeit als Professor Zeit für die Kinder hat. Sehr viel Platz nimmt Melanchthons Einstellung zum Thema Bildung ein. Hier fallen Sätze, die man sich gut merken sollte, weil sie auch für unsere Zeit nichts von ihrer Bedeutung verloren haben. Auch abweichende Meinungen zu Luthers und Melanchthons Lehre finden Platz, so die Ansichten von Zwingli, aber auch von Müntzer oder den Wiedertäufern. Neben Luther und Melanchthon gibt es einen weiteren Protagonisten, der der Phantasie der Autorin entsprungen ist. Jörg ist ein Freund und Begleiter Melanchthons, stammt aber aus einer völlig anderen Bevölkerungsschicht. Seine Einführung ermöglicht es der Autorin, mir als Leser Einblicke in das Denken und Handeln der ärmeren und wenig gebildeten Teile der Bevölkerung zu gewähren. Gut ausgearbeitete Dialoge sorgen für zusätzliche Tiefe in der Handlung. Dabei meine ich nicht nur die Gespräche der Protagonisten, sondern denke auch an die Auseinandersetzung mit Eck. Oft wird diese Möglichkeit genutzt, um unterschiedliche Ansichten zu Bibelaussagen gegenüberzustellen. Die weltweiten historischen Gegebenheiten werden in genügenden Maße berücksichtigt und in die Handlung integriert.

Ein Personenregister, eine Literaturliste und ein Glossar vervollständigen das Buch.

Das Cover wirkt edel.Der rote Streifen mit dem Titel trennt Tinte und Feder im oberen Teil von den lodernden Flammen im unteren.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Im Gegensatz zu anderen Büchern über die Reformation erhält hier Melanchthon ein Gesicht. Sein Anteil an der neuen Lehre wird deutlich herausgearbeitet. Gleichzeitig werden wichtige Unterschiede zwischen beiden Männern verdeutlicht.