Rezension

Beklemmend und spannend

Geisterwand - Sarah Moss

Geisterwand
von Sarah Moss

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses kurze Buch hat mich lesetechnisch etwas länger beschäftigt, als die Seitenzahl vermuten lässt. Ich musst es immer wieder zur Seite legen, weil es mich so wütend gemacht hat.

Im Norden Englands versucht eine Gruppe Menschen das Leben in der Eisenzeit nachzustellen. Hasen erlegen, Körner mahlen, auf Strohsäcken schlafen, das volle Programm. Zur Gruppe gehören ein paar Studenten und ihr Professor, sowie die 17-jährige Silvie und ihre Eltern. Die Studenten nehmen das Experiment eher locker, aber Silvies Vater erlaubt seiner Familie keine Ausflüchte. Er ist brutal, herrschsüchtig und hat die Frauen in seinem Leben verdammt gut erzogen.

Silvie, aus deren Perspektive alles erzählt wird, ist ein kluges aufgewecktes Mädchen. Aber jede ihrer altersgemäßen Frechheiten und jeder Schritt zur Selbstständigkeit werden vom Vater im Keim erstickt. Schuld an seiner Strenge sind natürlich immer die Frauen. „Provoziere ihn nicht!“ ist ihr Leitsatz. Schwierig nur, wenn alles Provokation sein kann. Es hat mich unfassbar wütend gemacht, über diese Mann zu lesen. Gerade, weil das Verhalten aller Figuren so realistisch war.

Bei Silvie ist der Spagat zwischen dem Drang zur Unabhängigkeit, Gerechtigkeitssinn und Angst perfekt gelungen. Und am Ende war auch nichts mehr mit weglegen, denn da habe ich die Geschichte komplett inhaliert.

„Geisterwand“ ist treffender und düsterer Roman über Dominanz und Missbrauch. Beklemmend, spannend und ohne ein Wort zu viel. Mich hat er aufgewühlt und beeindruckt gleichermaßen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 29. Juli 2022 um 11:59

Oh, wow, toll. Aber Minzi: du liest zur Zeit (oder magst) nur schwer verdauliche Romane.