Ben und die falschen Freunde
Bewertet mit 5 Sternen
Die Autorin Margit Ruile entführt ihre Leser in das Berlin der Zukunft, ins Jahr 2035. Die Welt ist technisiert, der Alltag eines jeden Menschen wird von Kameras überwacht die sowohl in Privathäusern als auch auf den Straßen obligatorisch sind. Die Menschen sind bequem geworden, überlassen immer mehr Aufgaben ihrem E-brace, einem elektronischen Armband mit Touchscreen und dem dazugehörigen "Slave". Slave steht für "Simultaneus Learning Assistent with Virtual Emotions", es sind kleine Hologrammfiguren die mit dem E-brace verbunden sind. Die Menschen kommunizieren mit ihnen, lassen ihre Termine verwalten, Erinnerungen speichern. Sogar die Kommunikation mit anderen Slaves ist möglich. Ein jedes Kind im Kindergartenalter bekommt ein E-brace und wächst mit ihm auf, so dass der Slave zu einem Freund und Vertauten wird, dem die Kinder ihre Gedanken und Gefühle anvertrauen.
Protagonist Ben ist 15 und sein Slave Sakar ist anders als die meisten Slaves. Er verfügt über besondere Fähigkeiten, hat Zugriff auf die allgegenwärtigen Kameras, so dass Ben in der Lage ist, die Wege von Freunden an seinem Screen zu verfolgen. Eines Tages kommt Ben durch Zufall in Kontakt mit einem Mann, der zu einer geheimen Organisation gehört, den "Falschen Freunden". Ben ist neugierig und will dazugehören, ohne zu ahnen welche Folgen das für ihn haben wird.
Die Geschichte um Ben in dieser technisierten Welt hat mich gefesselt, denn die Autorin beschreibt diese moderne Welt so detailliert mit vielen kleinen Raffinessen, die ich mir bildlich vorstellen konnte. Das Internet hat ausgedient und wurde durch SEA ersetzt, das wesentlich schneller ist und mit enormen Datenmengen zurecht kommt. Kameras verfolgen die Menschen auf Schritt und Tritt, zusammen mit den Daten aus den E-braces ist es die totale Überwachung. Eine Überwachung, der sich die meisten Menschen gar nicht bewusst sind oder denen es gleichgültig ist, denn sie kommen ohne ihre E-braces gar nicht mehr zurecht. Auch Ben kennt es nicht anders, fängt aber langsam an sich zu fragen wer von den enormen Datenmengen profitiert. Durch Ben wird man angeregt, sich selbst Gedanken zu machen und sich zu fragen, wie weit wir von dieser Zukunftsvision noch entfernt sind. Erschreckend waren für mich die Drohnenschwärme, vor allem die Schwärme bestehend aus winzig kleinen, Insekten nachempfunden Drohnen, die ihre Zielperson einkreisen, so dass es kein Entkommen gibt. Ausgestattet mit Miniaturinjektionen sind sie in der Lage, einen Mensch zu paralysieren.
Die jugendlichen Charaktere sind liebevoll gezeichnet, Ben und seine Freunde Lennart und Zoe war mir gleich sympathisch. Neben den Protagonisten sind auch die Slaves wunderbar dargestellt, vor allem Sakar wirkt lebensecht, gar nicht wie ein Programm. Viele Slaves haben besondere Features, es gibt sie in allen Preisklassen. Vom Teddybär oder Prinzessin für die Kids bis hin zu prominenten Persönlichkeiten.
Margit Ruile schreibt in einem jugendlichen Sprachstil der sich schön flüssig lesen lässt. Die Handlung ist spannend und nimmt eine ganz ungeahnte Wendung, ich hätte nicht erwartet was wirklich hinter den Falschen Freunden steckt. Einzig das Ende ist etwas offen, lässt noch genug Raum für eine Fortsetzung.
Fazit: "Deleted - Traue niemandem" ist ein spannender Jugendthrilller der mich bestens unterhalten hat. Ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung, möchte unbedingt wissen wie es mit Ben, Zoe und Lennart weiter geht.