Rezension

Besondere Fälle aus der Praxis

Sie müssen da nicht allein durch! -

Sie müssen da nicht allein durch!
von Martin Rauh-Köpsel

Bewertet mit 4 Sternen

Warum kann es manchmal helfen, mit einer Frau über sämtliche Möbel seiner Praxis zu klettern? Wieso sitzt er mit einer Patientin im Café? Und weshalb fordert er eine andere auf, sich eine Schreckschusspistole zu kaufen? Der erfahrene Psychotherapeut Prof. Martin Rauh-Köpsel hat in seinen Berufsjahren schon viele besondere Schicksale mitbekommen. Er hat die skurrilsten, dramatischsten und eindrucksvollsten Geschichten gesammelt, um einen Einblick in die Bandbreite seiner Arbeit zu geben.

„Sie müssen da nicht allein durch! Aus der Praxis eines Psychotherapeuten oder warum unkonventionelle Methoden oft die wirksamsten sind“ ist ein Sachbuch von Prof. Martin Rauh-Köpsel, geschrieben mit Manuela Runge.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus 13 Kapiteln, in denen jeweils vier Fälle geschildert werden. Zu Beginn der Kapitel wird der zugrundeliegende psychologische Mechanismus erläutert. Zudem gibt es am Anfang des Buches eine allgemeine Einleitung. Der Therapeut berichtet in der Ich-Perspektive aus seiner Sicht. Dieser Aufbau ist sinnvoll und funktioniert gut, obgleich mir ein abschließendes Kapitel gefehlt hat.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, unauffällig, auch für Laien verständlich, aber gleichzeitig fachlich korrekt. Negativ aufgefallen ist mir, dass mal gegendert wird und mal nicht. Diesbezüglich hätte ich mir Einheitlichkeit gewünscht.

Dargestellt werden auf rund 300 Seiten insgesamt 52 Fälle aus der Praxis, von denen einige recht knapp, andere etwas ausführlicher geschildert werden. Behandelt werden unter anderem die Themen Depression, Flashbacks, Verhaltensmuster, Trauer und Selbstkonzepte. Daraus ergibt sich ein vielfältiges und umfassendes Bild der Arbeit eines Therapeuten. 

Alle Fälle sind gut nachvollziehbar, was die jeweilige Problematik und den Therapieansatz angeht. Für Laien kann so unter Umständen die eine oder andere Selbsterkenntnis herausspringen. Positiv ist außerdem anzumerken, dass auch solche Beispiele einfließen, in denen der Psychologe nicht weiterhelfen konnte. Dies macht das Buch glaubhaft und spiegelt einen besseren Eindruck des tatsächlichen Berufsalltags wider. Zudem wird klar, dass es keiner ganz extremen Lebenssituationen bedarf, um von einer Therapie zu profitieren. Das trägt zur Entstigmatisierung der Patientinnen und Patienten bei. 

Etliche der Schicksale machen betroffen, manche Geschichten sind sogar ziemlich lustig. Beim Lesen kommt keine Langeweile auf. Leider werden einige Fälle aber zu kurz erläutert. Mir wäre es lieber gewesen, von weniger Beispielen zu lesen, dafür aber mehr Details zu erhalten. Vor allem in die ausführlicheren Geschichten konnte ich mich nämlich besser hineindenken und einfühlen.

Das Cover ist eher unspektakulär, gefällt mir aber gut. Der Titel ist passend gewählt.

Mein Fazit:
Wer ein kurzweiliges und interessantes Sachbuch über die Arbeit eines Psychotherapeuten lesen möchte, macht mit „Sie müssen da nicht allein durch!“ nichts falsch. Bei der Auswahl der Fallbeispiele wäre weniger allerdings mehr gewesen.