Rezension

Catton behält die Fäden in der Hand!

The Luminaries - Eleanor Catton

The Luminaries
von Eleanor Catton

Bewertet mit 4 Sternen

Wer viktorianische Krimis liebt, sollte an diesem hier nicht vorbeigehen. Die Geschichte ist lang und verwickelt, doch man vergisst die Zeit dabei. Die Zeit steht still für dich in Hokitika, wenn du dieses Buch in die Hand nimmst.

Eleanor Catton ist die Puppenspielerin von Hokitika. In konzentrischen Kreisen tanzen durch mehrere hundert Seiten Detektivgeschichte ein Reeder, ein Tinkturmischer, ein Zeitungsfritze, ein Goldminenbesitzer und gleichzeitig Zuhälter, ein Banker, ein Hotelier, ein Regierungsangestellter, ein Kaufmann, ein Geistlicher, ein Kupfergräber, ein Goldgräber, ein Opiumhändler und ein Joker, d.i. ein Neuankömmling.

19. Jahrhundert, Goldgräberzeit. Man sucht sein Glück in der Neuen Welt. Doch die Greenhorns merken schnell, dass nicht alles Gold ist, was glänzt und man leicht auf die Nase fallen kann oder eins auf dieselbe drauf bekommt.

Die englische Krone hat sowohl ihr Rechtssystem wie auch ihre peinlichen Rassenvorurteile exportiert, so herrschen neben Recht und Gesetz auch Willkür und Großmannsucht. Die Puppen tanzen um das Goldene Kalb, also den Schatz, um Huren, um Liebe, um Alkhohol, Opium, Macht und um einen verschwundenen Koffer. Tarrotkarten werden befragt und eine Séance soll einen verschwundenen Mann zum Vorschein bringen.

Erstaunlicherweise hat Eleanor Catton die Fäden der Marionetten fest in der Hand und verwirrt sich auch auf Hunderten von Seiten nicht. Der Leser muss allerdings höllisch acht geben, dass er sich nicht verfängt im komplizierten Gefüge. Nur tröpfchenweise sickert die Wahrheit durch. Doch Wahrheit scheint eine Sache der Perspektive. Und nicht alles, was zwischen Himmel und Erde geschieht, scheint begreifbar.

Dass die Autorin ihren Haupt- und Nebenfiguren den zwölf Sternbildern und den Planeten und deren veränderlichen Konstellation am Himmel gleichsetzt und außerdem die Goldgräberatmosphäre der Neuen Welt aufleben lässt, ist ganz großes Kino! Deshalb hat sie mit „The Luminaries/Die Gestirne“ auch den Man Booker Prize 2013 abgeräumt.

Dieses Buch ist Kunst, auch wenn es sich „nur“ um eine Detektivgeschichte handelt. Aber das letzte Bildchen scheint verwackelt, die Planeten haben ihre Laufbahn eben nicht ganz vollendet, der Schluss schwächelt und passt nicht zum geschliffenen Rest. Kann auch sein, es ist zu guter Letzt Sternennebel aufgezogen. Wer weiß das schon?

Fazit: Auch sprachlich von der ersten bis zur letzten Seite auf hohem Niveau ist „The Luminaries, übersetzt „Die Gestirne“ eine phantastische Leistung einer jungen Autorin, die Bewunderung abnötigt. Kompliment an Eleanor Catton, die Puppenspielerin von Hokitika.

Genre: Krimi und Thriller
Verlag: Granta, 2013

Kommentare

katzenminze kommentierte am 11. Februar 2016 um 22:08

Witzig. Warum hab' ich das Buch überhaupt gelesen?? Deine Rezi hätte gereicht, weil ich es ganz genauso empfunden habe. Was hätte ich an Zeit sparen können! ;)

wandagreen kommentierte am 02. März 2016 um 11:25

Aber du hättest nicht mitreden können, Minzi! ♥