Rezension

Das Land in dir

Sechzehn Wörter - Nava Ebrahimi

Sechzehn Wörter
von Nava Ebrahimi

Bewertet mit 4 Sternen

Ein fantastisches Debüt ist Nava Ebrahimi mit ihrem Roman „Sechzehn Wörter“ geglückt.

Es ist die Geschichte, der im Iran geborenen, aber seit ihrer frühen Kindheit in Köln lebenden Mona, die zur Beerdigung ihrer Großmutter ein letztes Mal in ihr Geburtsland fährt, um ihre Mutter zu begleiten, und dort die Antwort auf viele Fragen bekommt, die sie als Kind zweier Kulturen nie zu fragen gewagt hat, und diese Geschichte geht unter die Haut. Anhand der sechzehn titelgebenden, iranischen Wörter, entfaltet sich Monas Leben in sechzehn Kapiteln. Die Bedeutung der einzelnen Wörter enthüllt für den Leser und für Mona so manches Geheimnis.

Mit großem Einfühlungsvermögen versteht es Ebrahimi die ausdrucksstarken Persönlichkeiten ihres Roman - Personals zum Leben zu erwecken: Die frivole, lebenslustige Großmutter, die duldsame Mutter, Monas iranischer Geliebter Ramin und Mona selbst, die Suchende, die zwischen zwei Kulturen Hin - und Hergerissene. 
Das Leben im Iran wird lebendig und sinnlich beschrieben und die Sehnsucht danach wird in jeder Zeile spürbar. Ein Land ist mehr, als dessen Politik und dessen Religion. Es ist die Landschaft, das Essen, der Geruch, die Geräusche, das Licht und die Menschen. 
Ebrahimis Stil ist überzeugend. In teilweise kurzen Sätzen liegen bei ihr ganze Welten . 

“Es ist ungewöhnlich warm für Dezember, die frühe Sonne taucht alles in Gold, als hätte sie sich in der Jahreszeit vertan. Unglaublich, dass bei solchem Licht Menschen gehängt werden können.“
Sie kann Gefühle in eindrucksvollen Metaphern darstellen.

“ Ich gucke Ramin an. Ich mag es, neben ihm im Auto zu sitzen, selbst mit meiner Mutter auf der Rückbank. Bestünde Leben nur aus gemeinsam Auto fahren durch ein imaginäres Land, vielleicht wäre etwas aus uns geworden.“

Auch wenn Mona am Ende wieder nach Deutschland fährt und eventuell mit einem deutschen Mann glücklich wird, so trägt sie den Iran doch immer mit sich. Schöner als Nava Ebrahimi hat dieses Gefühl bisher kaum eine Autorin beschrieben.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 23. Februar 2021 um 22:29

Ach, wie schön, dann hast du doch noch etwas gefunden, was dir gefällt!

katzenminze kommentierte am 24. Februar 2021 um 15:50

Das klingt als ob es mir gefallen würde! Werde ich mir merken. ^.^

gst kommentierte am 08. März 2021 um 09:08

Das scheint auch ein Buch für mich zu sein!