Rezension

Das Wunderkind

Die Welt voller Wunder - Pearl S. Buck

Die Welt voller Wunder
von Pearl S. Buck

Bewertet mit 3 Sternen

„Er ist ein Einzelgänger. Das wissen wir. Und er muss es auch wissen – und lernen, dass ihm Freuden und Befähigungen zur Verfügung stehen, von denen die normalen Menschen nicht einmal etwas ahnen. Er wird ein Leben voller Wunder haben – stell dir nur einmal vor, was das für eine Freude sein wird! Er wird staunend durch diese Welt gehen in dem steten Wunsch, sie zu verstehen, und stets von Neugier getrieben!“
sagt Randolphs Vater auf 58 zur Mutter seines Sohnes.
Das Buch beginnt ungewöhnlich. Wir Leser*innen lernen Randolph bereits im Bauch seiner Mutter kennen und verfolgen seine Entwicklungsstufen bis ins Erwachsenenalter. Geistig ausgesprochen rege und wissbegierig hinkt er emotional lange hinter Gleichaltrigen her. Mit 15 macht er sich auf den Weg in die Fremde um das Leben an sich zu studieren. Er entschied "nicht so sehr bewusst als vielmehr instinktiv, dass er weder weiter aufs College gehen noch an irgendwelchen Studienabschlüsse und Doktorarbeiten denken würde.“ (Seite 130).

Angeblich wurde das handgeschriebene Manuskript der bereits 1973 verstorbenen, mehrfach preisgekrönten Autorin zu diesem Roman zufällig 2012 in einem verlassenen Lagerraum entdeckt und von Edgar Walsh, dem Adoptivsohn der Autorin behutsam redigiert.

Herausgekommen ist ein märchenhaftes Buch, in dem die Menschen besonders gut aussehen, der Protagonist außerordentlich leicht lernt, immer genug Geld für weite Reisen vorhanden ist und Fremdsprachen kein Problem darstellen. Auch wenn all das im regulären Leben nicht unmöglich ist, widersprachen viele Aussagen dem „normalen“ Leben. Ansprechend dagegen fand ich die Einstellung des Vaters, der seinem Sohn alle Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen wollte – wohlgemerkt: ohne ihn zu triezen.
Es dauerte eine Weile, ehe ich mit dem Buch warm wurde. Erst als China und die chinesische Lebenseinstellung Raum bekam, entdeckte ich meine Lieblingsautorin wieder. Bisher kannte ich sie nur aus detaillierten Schilderungen des chinesischen Lebens. Die spät geschriebenen Werke der Nobelpreisträgerin für Literatur von 1938 kenne ich (noch) nicht.
Fazit: Ein Buch, an das man unvoreingenommen herangehen sollte. Es hat trotz meiner kritischen Einstellung durchaus lesenswerte Passagen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 17. September 2021 um 23:25

Man fragt sich ja schon, ob wir hier Pearl Buck lesen oder einen ihrer Nachfahren.