Rezension

Der längste Schal der Welt

Ein Flüstern in der Nacht - Moya Simons

Ein Flüstern in der Nacht
von Moya Simons

Bewertet mit 5 Sternen

Was machen kleine Mädchen, wenn sie 10 Jahre alt sind? Sie spielen; mit ihren Puppen, mit ihren Freundinnen, sie sind kleine Prinzessinnen, sie ziehen süße Kleider an, sie lachen. Mit 10 ist die Welt unbeschwert, sollte sie sein. . . Aber nicht für Rachel. Als sie 10 ist, muss sie sich unter der Spüle in einem Schrank verstecken, denn es ist Krieg und Rachel ist Jüdin.

Meine Meinung

Schon der Klappentext hat mich sehr neugierig gemacht. Es ist ein ernstes Buch, aber das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich geht es um den 2. Weltkrieg in Deutschland, in diesem Fall in Leipzig. Viele Kinder haben in dieser Zeit ihre Eltern verloren, so auch in diesem Fall. Erst die Freunde, dann die Wohnung, damit die eigene Freiheit und schließlich die eigene Familie. Rachel hatte Glück, eine deutsche Familie findet sie in ihrem Versteck und bringt sich selbst in große Gefahr, als sie sie bei sich aufnehmen. Und dann ist da noch ein Problem: Papa hat gesagt, sie soll still sein in ihrem Versteck, keinen Mucks von sich geben. Es geht schließlich um ihr Leben. Und nun ist Papa fort und kann ihr nicht sagen, dass sie wieder sprechen darf.

Was ihr bleibt, ist Mamas längster Schal der Welt und das Tagebuch ihrer Schwester Miri.

Simons hat für dieses Buch reichlich und gut recherchiert. Es ist nach ihren eigenen Angaben eine Mischung aus Fiktion und Wahrheit, und ich finde, diese Mischung ist ihr gut gelungen. Mit kurzen, verständlichen Sätzen veranschaulicht sie dem Leser die Ereignisse und Erlebnisse auf sehr berührende, aber direkte Art und Weise. Das Ganze ist aus der Sicht Rachels geschrieben, mit 5 Jahren beginnt sie ihre Geschichte, naiv und gutgläubig, unwissend, was es mit den Menschen auf sich hat, die ihr plötzlich ins Gesicht spucken oder sie abstoßend behandeln.

Aber man kann seine Kinder nun mal nicht vor allem beschützen. Es ist manchmal sehr traurig und hart zu lesen, was Rachel ohne ihre Familie und vorerst auch ohne ihre Stimme ertragen muss, zu tief sitzt ihr Schock.

Doch es gibt auch glückliche Momente in diesem Buch, die mich zum Lächeln, aber auch zum Weinen gebracht haben.

Unterm Strich

Ein wunderbares Buch, das mich sehr berührt hat. Und es zeigt, dass auch ein einzelner Mensch viel ausrichten kann, um wenigstens ein Leben zu retten. Es ist ein Kinder- und Jugendbuch, empfohlen ab 10 Jahre. Das finde ich etwas früh, vielleicht doch eher ab 12 Jahre, um wenigstens ein paar der Hintergründe zu verstehen.

In diesem Alter wird in der Schule auch "Damals war es Friedrich" gelesen, von daher würde ich auch dieses Buch eher in dieser Altersklasse einordnen wollen.