Rezension

Der letzte Harem

Der letzte Harem - Peter Prange

Der letzte Harem
von Peter Prange

Bewertet mit 4 Sternen

Der 27. April 1909 markiert in der Geschichte der Türkei einen großen Wendepunkt: An diesem Tag wird Abdülhamid II., der letzte autokratische Sultan des Osmanischen Reichs, abgesetzt und ins Exil verbannt. Seine Entmachtung markiert den Zusammenbruch des Osmanischen Reichs und zugleich die Geburtsstunde der modernen Türkei. Die Folgejahre sind geprägt von politischen Auseinandersetzungen, Machtkämpfen und vom Konflikt zwischen Tradition undModerne, orientalischer und europäischer Kultur. Mitten hinein in diese Konflikte werden völlig unvorbereitet und unverhofft ein paar hundert Frauen gestoßen: denn mit der Absetzung Abdülhamdis II. wird auch sein Harem aufgelöst – einer der letzten großen im Osmanischen Reich.

Dieser historischen Epoche widmet sich Peter Prange in seinem Roman „Der letzte Harem“ – und schildert am Beispiel zweier Freundinnen, wie es den ehemaligen Harems-Frauen nach den politischen Umwälzungen erging: Elisa und Fatima sind gerade mal neun Jahre alt, als sie von einem Sklavenhändler aus ihrem Heimatdorf verschleppt werden – in den Harem des Sultans. Dort werden sie auf ein Ziel vorbereitet: Dem Sultan zu dienen. Während Fatima sich in ihr Schicksal fügt und alles daransetzt, zur Favoritin des Sultans aufzusteigen, träumt Elisa von einem Leben außerhalb der Palastmauern. Als das Osmanische Reich zerfällt, werden die beiden Frauen in eine Welt geworfen, die sie nicht kennen und in der ihnen keiner hilft.

Von Peter Prange habe ich schon mehrere Romane gelesen und er ist eigentlich ein Garant für gut recherchierte, spannende und gut erzählte historische Romane. So auch hier: Ich war von der ersten Seite an in der Geschichte drin und hab mit Spannung das Leben der beiden Freundinnen Elisa und Fatima verfolgt. Geschickt bindet Prange historische Daten und Fakten in die Geschichte ein, aber ohne den Leser zu erschlagen. Prange erzählt die Geschichte bis 1923 und lässt somit nicht nur die Absetzung Abdülhamdis II. und den Umsturz der Jungtürken in seinen Roman einfließen, sondern auch sie Situation der Armenier während es 1. Weltkriegs, die Besetzung Konstantinopels durch die Siegermächte nach dem Krieg sowie schließlich die Proklamation der türkischen Republik. Genauso bildhaft und intensiv wie Prange das Leben im Harem beschreibt, schildert er auch die Vernichtung armenischer Volksgruppen. Und auch über das Schicksal von Eunuchen erfährt man etwas.

Zwei kleine Schwachstellen: Die Charaktere sind zwar gut ausgearbeitet, waren mir stellenweise aber etwas zu holzschnittartig. Und bei den Sexszenen hätte Prange ab und an auch ein bisschen zurückfahren können. In der Summe ist „Der letzte Harem“ aber ein spannend erzählter, gut recherchierter historischer Roman, der einen Aspekt beleuchtet, über den ich bislang noch nicht wirklich nachgedacht habe.