Rezension

Der Schutzheilige der Tagträume

Fool on the Hill - Matt Ruff

Fool on the Hill
von Matt Ruff

Bewertet mit 5 Sternen

»Verstehen Sie mich recht, ich bin kein gewöhnlicher Erzähler, kein Schreiberling, der mit billigen Erfindungen tändelt. Ich bin ein Geschichtenerzähler; ich schreibe ohne Papier, und alle meine Dichtungen … sind wahr.«

An einem windstillen Sommertag besteigt Stephen Titus George, ein Schriftsteller, ein "professioneller Lügner", einen Hügel auf dem Campus der Cornell University in Ithaca, um einen Drachen steigen zu lassen. Ein Mischlingshund und ein Kater machen sich auf den Weg, um den Himmel zu suchen. Der Kobold Puck versucht, das Herz der Kobolddame Zephyr zurückzuerobern und Kobold Hobart, der Älteste und Hüter des Glockenspiels spürt, dass sich auf dem nahen Knochenacker ein Unheil neu erhebt, das hundert Jahre lang geschlafen hatte.

 

Zugegeben, wer diese recht grobe Inhaltsangabe liest, wird sich womöglich fragen, was der Autor wohl so geraucht haben mag ;-) Ich habe mich noch nach den ersten Kapiteln gefragt, wie all diese Handlungsstränge zusammenpassen sollen – um später festzustellen, dass die große Geschichte hinter all diesen Bruchstücken sie am Ende zu einem wunderbaren und faszinierenden Ganzen zusammenfügen wird.

 

Dass diese Geschichte mich so verzaubert hat, hat mich wirklich überrascht. Fantasy gehört zu den Genre, die ich nicht so häufig lese – und nun mag ich mir gar nicht vorstellen, was mir entgangen wäre, wenn ich dieses Buch nicht gelesen hätte! Zu all den phantastischen Elementen, wie kämpfenden Kobolden, sprechenden Tieren, Menschen mit gewissen magischen Fähigkeiten und plötzlich zum Leben erwachenden Gegenständen gesellen sich wie selbstverständlich (mehr oder weniger) normale Menschen mit ihren Erlebnissen und Problemen und eine hinter den Kulissen agierende Göttlichkeit. Ein besonderes Kunststück dabei ist zudem, dass sämtliche Handlungsstränge absolut gleichwertig erscheinen und die jeweiligen Charaktere (egal, ob sie nun klein oder groß, zwei- oder vierbeinig daherkommen) dem Leser schon nach wenigen Seiten ans Herz gewachsen sind.

 

Ein absolutes Highlight ist die Sprache! Ich konnte mich gar nicht sattlesen an den zahllosen großartigen Formulierungen im Text. Winzig kleines Beispiel: Da stürzt jemand (im Verlauf einer Prügelei) mit der „vollendeten Anmut eines zusammenbrechenden Gebirges“ zu Boden und ein anderer kippt, in Folge eines Faustschlags, „wie eine Blechente auf einem Schießstand in Coney Island“ um. Hinter dem ganzen Buch steckt eine solch unglaubliche Phantasie und Kreativität, man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht gelesen hat.

 

Ganz nebenbei geht es auch noch um ernsthafte Dinge wie Vergangenheitsbewältigung, Rassenhass und Vorurteile. Sehr interessant umgesetzt übrigens! Auf menschlicher Seite gibt es eine ungewöhnliche Perspektive auf dieses Thema und was auf Seiten der Vierbeiner abgeht, im Verhältnis zwischen Reinrassigen und Mischlingen, sollte jeden denkenden Menschen in seinem Herzen erreichen können. Und wenn es erst um den großen Dichter hinter all diesen Geschichten geht…

 

Fazit: Es wird geliebt, es wird gekämpft. Es gibt Fantasy, Action, Magie, Humor und Spannung. Faszinierend! Großartig! Unbedingt lesen!

 

»Letzten Endes dient das alles der Geschichte. Darum solltest du dir Gedanken machen. Nicht um mich, nicht um die Liebe. Die Liebe ist nur ein Teil der Handlung.«