Rezension

Der Weg zur Wahrheit

Der Laden der unerfüllten Träume -

Der Laden der unerfüllten Träume
von Amanda Cox

Bewertet mit 5 Sternen

„...War es möglich, im Leben die Resettaste zu drücken und noch einmal von vorne anzufangen? So zu tun, als hätte es nie etwas anderes gegeben als diese ländliche Kleinstadt und den Traum eines kleinen Mädchens, für den Rest seines Lebens Kaufmannsladen zu spielen?...“

 

Diese Gedanken gehen Sarah durch den Kopf, die nach dem Tode ihres Mannes in ihre Heimatstadt zurückgekehrt ist. Dort betreiben Mutter und Gro0mutter immer noch einen kleinen Laden.

Die Autorin hat eine bewegende Geschichte geschrieben. Es geht um den Sinn des Lebens, um Familiengeheimnisse und nicht zuletzt um die Kraft der Liebe und des Glaubens. Der Schriftstil ist ausgereift und bringt die Themen gekonnt auf den Punkt.

Das Geschehen verläuft in drei Handlungssträngen. Neben der Gegenwart erhalte ich als Leser einen Einblick in das Leben von Sarahs Mutter und ihrer Großmutter.

Glory Ann, die Großmutter, war 19 Jahre alt, als sie die Nachricht bekommt, dass ihr Freund Jimmy in Vietnam gefallen ist. Die letzte Nacht, die sie zusammen waren, hat vieles verändert, denn Glory ist schwanger. Ihr Vater ist Pfarrer. Er verheiratet sie mit dem Ladenbesitzer Clarence Clearwater. Diese Verbindung sollte sich für Glory als Segen erweisen. Sie lernt ihren Mann zu lieben, als sie sieht, wie er einerseits still ihre anfängliche Abneigung erträgt, sich aber andererseits liebevoll um ihre Tochter Rosemary kümmert, die ja nicht seine Tochter ist.

 

„...Ich habe mich für das kleine Mädchen, das unter seiner Decke kuschelt und nicht einschlafen wollte, entschieden. Sie hat zwar nicht meine DNA, aber ich liebe sie, wie sie ist und weil sie deine Tochter ist...“

 

Ihre Eltern dagegen haben die Kontakt konsequent abgebrochen. Glory bekommt eine weitere Tochter. Der zweite Handlungsstrang erzählt von der Kindheit der Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Dieser Teil ist emotional berührend. Er wird vor allem Rosemarys Leben über viele Jahre prägen. Schuldgefühle und Verschweigen sind keine guten Begleiter.

In der Gegenwart arbeitet Sarah ihre Ehe auf. Auch dort gab es mehr Schatten als Licht. Gleichzeitig will Rosemary, dass der Laden verkauft wird.

 

„...Nein, die Stadt braucht den Laden nicht. Nicht mehr. Hast du das neue Gebäude am Stadtrand gesehen? Eine große Supermarktkette hat dort vor zwei Wochen eine Filiale eröffnet...“

 

Als Sarah hinter ein mögliches Familiengeheimnis kommt, ergreift sie die Initiative. Wird die Wahrheit alle verborgenen Schmerzen heilen?

Sarah lernt Clay kennen. Der war in Afghanistan und hat sich danach zurück ins Leben gekämpft. Deshalb wirkt sein Rat sehr authentisch.

 

„...Du hast die Chance auf einen Neuanfang, nach dem du dich sehnst. Und du brauchst deshalb keine Schuldgefühle zu haben. Ich habe auf die harte Tour gelernt, dass es niemand hilft, wenn man sich selbst bestraft...“

 

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es bedarf Zeit, um zu erkennen, warum sich mancher der Protagonisten so verhält, wie er sich verhält. Erst nach und nach werden die Spuren der Vergangenheit mit ihren Verletzungen gelüftet. Das aber führt zu einer inneren Spannung, die den Lesefluss beflügelt. Wie formuliert es Clarence so treffend?

 

„...Wenn wir durch eine gebrochene Linse schauen, können wir manchmal etwas Wunderbares und Unerwartetes sehen...“