Rezension

Der Wind dreht sich...

Der Bund der Familien -

Der Bund der Familien
von Ellin Carsta

Bewertet mit 5 Sternen

1938. Nach seinem Schlaganfall erweckt es den Anschein, als erholt sich Wilhelm Lehmann nur mäßig. Nur Paul-Friedrich weiß, wie es wirklich um ihn steht und kauft Wilhelms Firmenanteile für den Wert von 5 Reichsmark. Als die Familie davon erfährt, fällt sie aus allen Wolken, vor allem Leipold, der nichts gegen den rechtmäßigen Verkauf unternehmen kann, dabei ist gerade er der Grund für Wilhelms momentane Lage. Währenddessen verliebt sich Wilhelmine von Falkenbach in einen Widerstandskämpfer, der sich von jetzt auf gleich in Luft auflöst und sie zurücklässt. Derweil muss sich ihr Bruder Gustav der besonderen Aufmerksamkeit des Gauleiters stellen, der ihm und der Familie aufgrund einer augenscheinlich prekären Situation schaden will. Überhaupt werden die Zeiten am Starnberger See rauer, nicht nur aufgrund der politischen Lage…

Ellin Carsta hat mit „Der Bund der Familie“ den dritten Teil ihrer historischen Falkenbach-Saga veröffentlicht, in der dem Leser nicht nur die immer stärker werdende Macht der Nazis ins Gesicht weht, sondern auch die Spannungen innerhalb der Familie immer weiter zunehmen. Mit flüssig-bildhaftem und empathischem Erzählstil lädt die Autorin den Leser zu einer Zeitreise ins vergangene Jahrhundert ein, wo er sich am malerischen Starnberger See wieder unter die Familienmitglieder der von Falkenberg und Lehmann mischt und dabei wieder einige Geheimnisse und Intrigen zu Tage fördert. Die Beziehung zwischen Wilhelm und seinem Sohn Leopold ist weiterhin sehr angespannt, was sich durch den Verkauf der Firmenanteile an Paul Friedrich nur noch weiter verstärkt. Neben dem von der Autorin exzellent recherchierten historischen Hintergrund beherrschen vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen unter den Protagonisten sowie deren Geheimnisse die Handlung und treiben die Spannung während der immer schwieriger werdenden politischen Lage immer weiter in die Höhe. Auch die Nazis haben sich in Starnberg eingenistet und machen der Bevölkerung mit ihren Verleumdungen, Gerüchten und ihrer Intrigenschmiederei das Leben mehr als schwer, so dass man selbst als Leser kaum noch weiß, wem wirklich zu trauen ist und ob gerade innerhalb der Familien der Zusammenhalt so stark ist, dass sie sich davon nicht irritieren lassen. Der Spannungslevel ist wieder gut dosiert und liegt auch in diesem Teil wieder sehr hoch.

Die Charaktere wurden glaubhaft weiterentwickelt und wandeln mit ihren persönlichen Eigenheiten lebendig durchs Kopfkino des Lesers, der ob der Ereignisse mitfiebert und rätselt. Wilhelm ist der geborene Schachspieler, der seinen Sohn durch seinen Coup schachmatt setzt, wohlwissend, dass die Querelen innerhalb der Familie damit noch nicht vorbei sind. Paul Friedrich ist ein cleverer Geschäftsmann, der jede Chance nutzt, die sich ihm bietet. Er ist mit seinem Pokerface undurchschaubar und der Strippenzieher im Hintergrund. Dabei verliert er neben seinen Zielen auch die Familien nicht aus den Augen, wobei er auch seinen Vorteil im Blick hat. Leopold ist ein Egoist, der immer noch nicht gelernt hat, seinen Mann zu stehen und Verantwortung zu übernehmen. Irma überrascht durch ihre intelligente und fürsorgliche Art, wobei sie genau weiß, welche Knöpfe sie drücken muss, um Erfolg zu erzielen. Aber auch Wilhelmine, Gustav, Elisabeth und weiter Protagonisten tragen zum Unterhaltungswert dieser Geschichte bei.

Auch mit „Der Bund der Familie“ kann Carsta wieder überzeugen und lässt den Leser am Fortgang der von Falkenbergs und Lehmanns hautnah teilhaben. Wie gebannt kleben die Finger an den Buchseiten, um nur ja nichts zu verpassen. Absolute Leseempfehlung für einen guten Mix aus Geheimnissen, Intrigen, Familiengeschichte vor historischem Hintergrund!