Rezension

Desperate Housewife?

Das Glutnest -

Das Glutnest
von Margaret Laurence

Bewertet mit 3.5 Sternen

Stacy, Hausfrau und Mutter von vier Kindern, fühlt sich in ihrer Ehe mit Mac nicht mehr wohl. Zauber und Glanz früherer Zeiten sind verflogen. Der gestresste Gatte tritt einen neuen Job an. Diese Firma vertreibt nicht nur Nahrungsergänzungsmittel sondern gleich ein ganz neues Lebenskonzept an ihre Kunden. Allerdings werden die Mitarbeiter samt ihrer Familien dazu gleich mit einbezogen und so kommt es dann auch beim ersten Kennenlernen mit dem Chef zu gegenseitigem Misstrauen, bei der ersten Feier zu einem regelrechten Eklat.
Mac hat wenig Zeit und Verständnis für die Unsicherheiten seiner Frau. Diese flüchtet sich in Alkohol und kleinen Ausflügen, bei denen sie ihre jüngste Tochter, die gerade mal 2 Jahre ist, der Nachbarin überlässt. Einer dieser Ausflüge endet mit einer Flucht aus dem Appartment eines ehemaligen Kriegskameraden ihres Mannes und dem Vorwurf eines Ehebruchs, ein weiterer Ausflug endet dann tatsächlich in Untreue. Allerdings weckt letzteres Ereignis Stacys Lebensgeister erneut, sie fängt an, ihr Schicksal zu akzeptieren und nicht mehr ihrer vergangenen Jugend hinterherzutrauen.
Schwuppdiwupp lösen sich auch Macs Probleme in der Firma, der alte Chef geht, er steigt auf und alles wird gut. Die komische Nachbarin kommt ins Heim, der übergriffe Schwiegervater wird sogar aufgenommen, die pubertierende Tochter wird beste Freundin mit ihrer Mutter.

Nun spielt dieses Desperate-Housewife-Stück in den 1960ern Jahren, als Ehefrauen wirtschaftlich und moralisch ganz dem Patriarchat unterworfen waren, Innen- und Außenansichten dieser Zeit wurden sehr fein augearbeitet, doch liegt mir das Fazit dieses Romans schwer im Magen: Füg dich (Frau!) und alles wird gut!

Die Darstellung der Rollenverteilung innerhalb der Familie, die üblichen Beschäftigungen in der Freizeit, mit Kosmetik- und Plastikschüssel-Verkaufsveranstaltungen, die üblichen Probleme bei der Kinder"aufzucht", das alles erinnerte mich an meine eigene Kindheit und die eigenen Eltern, doch hatte ich mir wohl aus vorauseilenden Vorschusslorbeeren mehr Emanzipation und Kämpfergeist erwartet. Stacys zwei "außerhäuslichen" Erfahrungen wirkten da wie nachträglich reingeschustert, oder aus einem schlechten Erotikmagazin entlehnt. Mir fehlte da Stacys Entscheidungsebene, oder eben das Zugeben der absoluten Gedankenlosigkeit, die so gar nicht in die Reihe ihrer Ängste und Sorgen passen wollte.

Es ist ein erzählender Roman, ohne Hilfs-, oder Lösungsanspruch. Es ist ein durchaus lesbare Geschichte aus der Zeit unserer Eltern, oder Großeltern.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 09. Januar 2024 um 08:49

Aber auch von unschlagbarer Langweile - bin ich froh, dass du den Roman auch nicht besonders gemocht hast, Emsi.

Emswashed kommentierte am 09. Januar 2024 um 09:51

Hihi, vielleicht habe ich mich aber auch zu sehr an ihrer wirklich großartigen Schriftstellerkollegin orientiert.

wandagreen kommentierte am 10. Januar 2024 um 15:45

An Atwood kann man eigentlich niemanden messen. Sie schreibt ja auch in einem anderen Genre.