Rezension

Dialoglastiger Histokrimi

Paris Requiem -

Paris Requiem
von Chris Lloyd

Bewertet mit 3 Sternen

          „Ohne ein Wort tat er so, als nähte er seine Lippen zusammen.“

1940: Das nationalsozialistische Deutschland hat Frankreich unterworfen. Mit dem Verfassungsgesetz vom 10. Juli löst das Vichy – Regime die Dritte Französische Republik ab, bis 1944 sollte der autoritäre Staat unter Pétain bestehen; es kam zur Kollaboration, aber auch zum Widerstand. Dies zum geschichtlichen Hintergrund von Chris Lloyds historischem Kriminalroman „Paris Requiem“. Es handelt sich hierbei um den zweiten Band der Reihe rund um Inspecteur Eddie Giral. Obwohl ich den ersten Teil der Serie („Die Toten von Gare d’Austerlitz“) nicht gelesen habe, hatte ich bei der Lektüre von „Paris Requiem“ keine Verständnisschwierigkeiten.

Worum geht’s?

Paris wird von mysteriösen Morden erschüttert. In einem abgewrackten Jazzclub wird eine Leiche entdeckt. Die Lippen des Opfers sind zugenäht, und als Édouard „Eddie“ Giral herausfindet, dass der Tote ein Sträfling war, der eigentlich im Gefängnis hätte sitzen müssen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.  Cui bono? Giral muss gegen mächtige Gegner antreten und sich durch ein Dickicht von Kollaboration und Intrigen kämpfen…

Ein Ich-Erzähler führt durch das Geschehen. Stil und Sprache sind (wie so oft in dem Genre) nicht kompliziert, daher kann man das Buch relativ zügig lesen; es bleibt die Frage, ob die einigermaßen moderne Sprache (bzw. die deutsche Übersetzung) zu der beschriebenen Ära passt. Der Ansatz des Autors, seine Geschichte im Zweiten Weltkrieg spielen zu lassen, ist natürlich nicht neu. Auch sind manche Motive nicht neu – vernähte Münder gehören in Thrillern fast schon zum Inventar. Logisch, dass Giral traumatische Erlebnisse aus dem ersten Weltkrieg eher verdrängt als verarbeitet hat (man denke nur an Thomas Shelby von den Peaky Blinders oder an Volker Kutschers Gereon Rath). Lloyds Ausarbeitung ist dennoch reizvoll, die kurzen, dialoglastigen Kapitel ließen mich an spannende Filmszenen denken, nur manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Charaktere mit dem heutigen Wissen vergangene Ereignisse kommentierten. Als Autorin hätte ich die Handlung stellenweise ein wenig gestrafft.
Am besten gefiel mir der historische Hintergrund des Krimis sowie die plastische Darstellung von Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Epoche, auch die Figuren haben durchaus Potential, die Charakterisierung kann mit jedem neuen Band vertieft werden.