Rezension

Dichte Atmosphäre - der Rest ist aber eher semi

Das Apartment - S. L. Grey

Das Apartment
von S. L. Grey

Bewertet mit 3 Sternen

Einzelbewertung

Plot: 3/5
Atmosphäre: 5/5
Charaktere: 2/5
Spannung: 3/5
Showdown: 2/5

Ich habe in diesem Jahr schon ein paar Bücher gelesen, in denen sonderbare Häuser eine zentrale Rolle einnehmen. Zum Beispiel „The Girl Before“, was besser war, als ich erwartet habe; genau so erging es mir beim „Scherbenhaus“ mit all seinem technischen Schnickschnack – „Grandhotel Angst“ hingegen verbreitete bei mir eher Langeweile als Angst. Ganz anders geht es „Das Apartment“ von S.L. Grey an. S.L. Grey besteht aus zwei Autoren, das S steht für Sarah (Lotz), das L für Louis (Greenberg), Grey ist ein hinzugedichteter Allerweltsname. Beide kommen aus Südafrika, aber ihre Bücher spielen oft woanders - „Under Ground“ spielt in den USA, ihr aktueller Thriller, „Das Apartment“, spielt zum Großteil in Paris. Im Klappentext zu den Zweien steht, dass sich ihre Bücher mit den menschlichen Abgründen befassen – das klingt interessant, und dennoch hege ich ambivalente Gefühle gegenüber „Das Apartment“.

Mark und Steph sind seit ein paar Jahren verheiratet, und obwohl der Altersunterschied zwischen den beiden satte 24 Jahre beträgt, war es Liebe auf den ersten Blick, denn sie haben innerhalb kürzester Zeit geheiratet und Steph war auch recht schnell schwanger – wobei Hayden, die Tochter, eher ein Unfall war, der aus einem Missverständnis entstand; Mark dachte, Steph würde die Pille nehmen und Steph dachte, Mark sei sterilisiert – Kommunikation wird manchmal einfach überbewertet; damit das nicht nochmal passiert, haben die zwei sicherheitshalber in der ganzen Geschichte keinen Sex (Vorsicht, Ironie). Dabei sind beide durchaus gebildet; Mark ist Spezialist für viktorianische Literatur und lehrt an der Uni – und Steph hat immerhin mal studiert, zumindest bis sie schwanger wurde. Heute ist sie arbeitslos und hat auch nicht wirklich Lust, daran etwas zu ändern, stattdessen wartet sie darauf, Bestseller-Autorin zu werden. Mark hat hingegen immer noch nicht den Tod seiner Tochter Zoë verkraftet, obwohl der schon sieben Jahre her ist – mit Hayden, quasi die Nachfolgerin von Zoë, kann er nicht wirklich viel anfangen, das wird recht schnell in der Geschichte klar. Und dann kommt auch noch dieser Einbruch, der das Ganze nicht gerade besser macht.

„Das Apartment“ besteht aus zwei Erzählsträngen, die quasi parallel verlaufen; einer erzählt Stephs, der andere Marks Geschichte, beide werden in der ersten Person erzählt, wobei Marks in der Gegenwart, und Stephs im Präteritum gehalten ist. Warum das so ist, also warum nicht beide in der Gegenwart spielen, müsste man die Autoren fragen, denn ich bin bis zuletzt nicht dahinter gekommen. Generell sind die Charaktere ziemlich blass, das dürfte aber beim Vorgänger, "Under Ground", den ich zwar nicht gelesen, dafür aber ein paar Rezensionen dazu, ebenfalls so sein. Wobei Marks Charakter zumindest ansatzweise Tiefgang erahnen lässt, Stephs dafür gar nicht – weder erfährt man, warum sie keine Arbeit sucht, noch, warum sie auch daheim nichts macht. Teilweise erinnert sie an einen rebellischen Teenager. Aber auch wenn sie mit 23 noch nicht so weit vom Teenie-Alter weg ist, entwickelt man mit der Zeit doch etwas Verantwortungsgefühl, vor allem, wenn man ein Kind hat – und alles auf den traumatischen Überfall zu schieben, ist mir etwas zu billig. Die Geschichte lebt vielmehr von einer sehr dichten Atmosphäre, die die Handlung beherrscht und mir wiederum ausnehmend gut gefallen hat.

Das Ende hat mich allerdings etwas ratlos zurückgelassen, denn was dieses mit der restlichen Geschichte zu tun hat, habe ich nicht wirklich verstanden – abgesehen davon, dass die Autoren etliche Fragen offen lassen. Okay, man kann beobachten, wie ein Mensch immer verrückter wird – was ja unter anderem das Stilmittel der zwei Autoren ist –, aber dazu hätte man nicht den Großteil der Geschichte in Paris spielen lassen müssen. Abgesehen davon wirkt das Buch ohne großen Plan und in Teilen ziemlich spontan konstruiert worden zu sein. Da nimmt der Nachbar plötzlich eine größere Rolle ein, und weil es gerade in den Plot passt, ist er eben Psychologie-Student – das wirkt nicht wirklich überzeugend.

Tl;dr: „Das Apartment“ von S.L. Grey hat eine interessante Geschichte mit einer dichten Atmosphäre, die sich wie ein roter Faden durch die Handlung zieht – allerdings lässt das Ende einige Fragen offen und Teile der Geschichte wirken etwas zufällig.