Rezension

Die bewegende Geschichte einer Manisch Depressiv Erkrankten ...

Libellen im Kopf - Gavin Extence

Libellen im Kopf
von Gavin Extence

Und mal wieder habe ich ein Buch über eine psychische Erkrankung gelesen. Nachdem mir der Roman von Thomas Melle "Die Welt im Rücken", der seine eigene Leidensgeschichte, einer Manisch Depressiven Erkrankung, zum Thema gemacht hat, überhaupt nicht zugesagt hat, kam mir der Roman von Gavin Extence "Libellen im Kopf" gerade recht. Hier habe ich nun den Vergleich zwischen zwei Geschichten, die ein und dasselbe Krankheitsbild thematisieren.
Wie Melle leidet auch Extence an einer Manisch Depressiven Erkrankung. Er erzählt in seinem Roman aber nicht seine eigene, sondern eine fiktive Geschichte um die Protagonistin Abby, jedoch lässt er all seine Erfahrungen um die Erkrankung mit hineinfließen, so dass ein Vergleich meines Erachtens durchaus legitim ist, wenngleich Melle Anhänger jetzt vielleicht den Kopf schütteln.

Abbys Welt scheint von einem auf den anderen Tag aus den Fugen zu geraten. Eigentlich will sie sich bei ihrem bis dato unbekannten Nachbarn Simon nur eine Dose Tomaten ausleihen, doch die geöffnete Wohnungstür des Nachbarns lässt sie ohne zu klingeln eintreten, und so erblickt sie die Leiche eben dieses Mannes. Vorerst unberührt von dem, was sie sieht, steckt sie sich eine Zigarette an, schnappt sich eine Dose Tomaten und verlässt die Wohnung. Erst nachdem sie wieder in ihrer Wohnung ist und ihrem Freund Beck von der Leiche erzählt, setzt sie die Polizei davon in Kenntnis.

In der darauffolgenden Zeit stürzt sich Abby in die Arbeit. Als freie Journalistin ist sie es gewohnt, ihre Arbeit selbst zu organisieren, doch nach und nach gerät ihre Tagesstruktur ins Wanken. Sie schläft nicht, trinkt zu viel und auch von Drogen ist sie nicht abgeneigt. Und wie so typisch bei einer bipolaren Störung , übersteigt ihr Konsum für Luxusartikel ihr Budget um ein Vielfaches.

Das persönliche Umfeld Abbys spürt immer stärker, dass mit ihr etwas im Argen ist und fordert sie auf, sich intensiver in die Hände einer Psychologin zu begeben. Trotz einer völlig anderen Auffassung ihrer momentanen Situation begibt sich Abby in die Hände ihrer Psychologin und es kommt, wie es kommen muss, nur kurze Zeit später findet sich Abby auf einer geschlossenen Station einer Psychiatrie wieder.

Ein Roman, sofern man sich auf ihn einlassen mag, gibt es doch weiterhin Ängste und Vorbehalte gegenüber psychischen Erkrankung, der das widerspiegelt, was einem widerfährt, wenn man an einer Manisch Depressiven Erkrankung leidet. Zwar leide ich "nur" an einer Depression, jedoch habe ich im nahen Umfeld 20 Jahre einen Menschen begleitet, der unter dieser Erkrankung gelitten hat und ich erkenne sehr viele Übereinstimmungen zwischen seinem und Abbys Leben.

Der Autor Gavin Extence versteht es auf wunderbare Art und Weise, sein eigenes Erleben der Erkrankung mit in den Roman einfließen zu lassen. So wirkt die Geschichte um Abby und ihre manischen wie auch depressiven Phasen sehr authentisch und der Leser fühlt sich in eine Welt versetzt, die so anders ist und immer wieder erstaunen auslöst. Erstaunt darüber, in was für Gemütszustände sich ein Mensch begeben kann und was ein Erkrankter aushalten muss.

Ein ernstes Thema, das viel Stoff für einen bewegenden Roman bietet. Der Autor Garvin Extence versteht es mit einer wohlportionierten Prise Humor, einem sehr flüssigen Schreibstil und seinem persönlichen Erleben der Erkrankung, diesen Roman zu einer Geschichte zu verweben, den man nicht mehr aus der Hand legen mag und der einem einen langen Tag bescheren kann.

Ein Roman, der viele Leser verdient und auch gern von den Lesern verschlungen werden darf, die immer noch ein wenig Angst vor psychischen Erkrankungen haben. Berührungsängste werden schnell aufgehoben, da Garvin den Spagat zwischen Unterhaltung und Aufklärung gekonnt schafft. Allerdings darf man keinen medizinischen Ratgeber erwarten, aber das soll dieses Buch auch nicht sein und gibt es auch nicht vor.