Rezension

Ein Highlight ...

Libellen im Kopf - Gavin Extence

Libellen im Kopf
von Gavin Extence

Bewertet mit 5 Sternen

"Libellen in meinem Kopf" von Gavin Extence ist 2016 im Limes Verlag erschienen.

Zum Inhalt: Eigentlich wollte sich Abby bei ihrem Nachbarn bloß eine Dose Tomaten für ihr Abendessen ausleihen. Statt dessen findet sie diesen tot in seiner Wohnung. Eigentlich schockiernd, doch Abby bleibt zunächst seltsam ungerührt. Letztendlich löst dieses Ereignis jedoch einen Schub ihrer manisch-depressiven, bipolaren Erkrankung aus.

Der Autor leidet selbst an einer leichten bipolaren Störung und verarbeitet in seinem Roman seine eigenen Erlebnisse. Und so schafft er es, uns Lesern Abbys Höhenflüge und Abstürze ungemein nahe zu bringen.

Aus einem Brief von Abbys Freund Brett, der an sie gerichtet ist: „Du hast mir einmal gesagt, dass eine Depression ein durch und durch selbstsüchtiger Zustand ist, der dir die Fähigkeit raubt, dich auf irgendetwas jenseits des Nebels in deinem Kopf einzulassen. Du kannst nichts nach außen weitergeben, alle Energie und jegliches Gefühl sind nach innen gerichtet. Es gibt nur diesen Abgrund. Und diese leere Hülle, mit der man nicht reden, die man nicht trösten kann. ….. Die Energie wandelt sich in Hyperaktivität, in Risikobereitschaft, Genusssucht, den Drang zur Selbstzerstörung.“

In eindringlichen Sätzen schreibt Extence über Abby und einen Ausschnitt in ihrem Leben, beginnend mit dem Tod des Nachbarn. Man lebt mit ihr auf, freut sich über ihre Kreativität und Aktivität und weiß doch genau, dass sie sich hyperaktiv auf ihren Absturz zu bewegt – und leidet mit ihr. Nach einem schockierenden Erlebnis in einem Hotel lässt Abby sich einweisen und hier beginnt zögernd ihre Auseinandersetzung mit ihrer Krankheit.

Auch sprachlich vermittelt der Autor dem Leser ein Gefühl dafür, in welcher Phase Abby sich gerade befindet. Und man erahnt ein leises Gefühl, was Menschen mit einer bipolaren Störung erfühlen.

„Es ist, als ob man in einer vollkommenen kleinen Blase existieren würde. Alles kommt einem leicht vor, nichts kann einem schaden.“

Und auf die Frage, was dann kommt, antwortet sie: „Als wäre ich beraubt worden.“ „Stellen sie sich vor, sie erleben einen herrlichen, sonnigen Tag. Sie sind irgendwo, wo es schön ist. An einem Strand vielleicht. Sie fühlen die Sonne auf ihrem Gesicht und ihren Armen und den warmen Sand unter ihren Füßen……Aber dann schieben sich ganz langsam dunkle Wolken vor die Sonne. Das Licht und die Wärme verblassen, die Farben sickern aus der Welt heraus, und allmählich verändert sich die Landschaft. Jetzt ist nichts mehr klar. …. Die Wolke erstreckt sich bis in die Unendlichkeit, bis zum Horizont und darüber hinaus.“

Als Leser ist man ganz dicht bei den Hauptpersonen. Natürlich vor allem bei Abby, aber auch die Verzweiflung und Hilflosigkeit ihres Freundes Brett wird deutlich spürbar.

Was für ein Buch! Definitv ein Highlight! Es packt und schüttelt mich und lässt mich nicht mehr los. Ich denke darüber nach, blättere in meinen Notizen und lese die von mir markierten Textstellen. Ich werde dieses Buch ganz bestimmt noch mal lesen.

Ein berührendes und authentisches Buch, das ein schweres Thema behandelt, dabei aber überhaupt nicht schwer ist ….