Rezension

Die Landkarte einer Freundschaft

Das perfekte Grau -

Das perfekte Grau
von Salih Jamal

Bewertet mit 5 Sternen

Ein beliebtes Sprichwort besagt: „Der Weg ist das Ziel“
Salih Jamal beschreibt in seinem Roman Das perfekte Grau irgendwie beides. Wohl aber eher den Weg, der hier zwar nicht immer klar definiert ist, aber wo es gerade genau das ist, was diesen Roman einfach sooo sehr grandios macht, wie er nun einmal ist...

Inhaltsangabe:
Das ist die Geschichte von Novelle, Rofu, Mimi und von mir. Rofu hat nur ein Ohr und ist über das Meer gekommen. Aus Afrika. Mimi ist Engländerin. Sie hat ihren Mann umgebracht, nun versteckt sie sich unter Perücken und hinter dunklen Brillen. Novelle ist noch sehr jung. Sie liebt Mangas und die Sauferei. Manchmal fährt sie einfach aus der Haut oder sie hört Stimmen. Den komischen Namen hat sie von ihrer Mutter. Als unsere Geschichte damals losging, wusste ich das alles noch nicht. Ich, ich heiße Ante, aber alle nennen mich Dante. Wegen des Infernos. Ich bin, genau wie die anderen, auch auf der Flucht.
Ich glaube, vor mir selbst.
Alles fing damit an, dass zwei Polizisten wegen Mimi in dem Hotel, in dem wir gearbeitet hatten, auftauchten. Ich könnte jetzt noch erzählen, wie Novelle verschwunden und wieder aufgetaucht ist, was wir in Berlin getrieben haben oder wie wir Erleuchtung beim Pilgern nach Altötting erlangten. Aber darum geht es in der Geschichte ja eigentlich gar nicht. Es geht nämlich darum, dass wenn wir schon vor irgendwem oder irgendetwas fliehen, wir uns besser nicht vor unseren Dämonen wegducken sollten. Weil man sonst immer ein Geflüchteter bleiben wird und niemals wo ankommt.
Und es geht auch um Heimat, die wie eine Haut ist.

Die Hauptprotagonistin: ~VORSICHT SPOILER~

Dante:
Dante, der eigentlich Ante heißt, ist mitte Dreißig, und arbeitet in einem Hotel an der Ostsee. Damals hat er wegen einer schwierigen Vergangenheit sein Heimatdorf verlassen und ist nun so etwas, wie ein Reisender, ein Rastloser, der sein Ziel im Leben noch nicht wirklich gefunden hat...

Mimi:
Mimi kommt aus London und ist auf der Flucht vor der Polizei, weil sie ihren Mann ermordet hat. Auch sie arbeitet in dem Hotel an der Ostsee und nimmt dort eine sehr mütterliche Rolle ein. Dante scheint sehr fasziniert von ihr...

Rofu:
Rofu kommt aus Afrika und hat wohl den beschwerlichsten und längsten Weg hinter sich, den es überhaupt gibt. Wenn er in Aufregung gerät, vermischt er gut und gerne das Englische mit dem Deutschen...

Novelle:
Novelle ist gerade mal achtzehn und damit noch sehr jung. Durch eine schwierige Vergangenheit, hat sie ein ziemlich gestörtes Verhältnis zu Männern. Sie liebt Manga und hat ab und an Stimmen im Kopf...

Meine Meinung: ~VORSICHT SPOILER~
Was für ein grandioses, wunderbares Buch...
Auf Das perfekte Grau von Salih Jamal habe ich mich extremst gefreut...
Dieses Buch ist für mich eine grenzenlose Homagé an die Freundschaft und auch die Liebe. Es zeigt auf, das man diese beiden Komponente, die ja eigentlich gar nicht ohneeinander auskommen überall finden kann. Selbst dann, wenn man sie generell gar nicht sucht....
Dante, Mimi, Novelle und Rofu sind jeder für sich einzigartige und spannende, wenn auch komplizierte Charaktere, jedoch macht das ein jeden von Ihnen – für mich – auch sehr liebenswert.
Die beiden letzten Eigenschaften gelten wohl vor allem für die junge Novelle, die erstaunlich emotionales durch gemacht hat und sich dennoch irgendwie durch das Leben kämpft...
Das Zusammentreffen von den Vieren ist mehr purer Zufall, als alles andere und unter anderen Umständen wären sie wohl kaum miteinander ausgekommen. Doch da gibt es etwas, dass dieses ungleiche Quartett miteinander verbindet. Die Suche nach Heimat!
Ein jeder hat hier sein Päckchen zu tragen, aber dies wird akzeptiert. Sie erkunden sich, lernen sich untereinander genauer kennen und es war unglaublich wunderschön mitzuerleben, wie Dante, Mimi, Rofu und Novelle mit der Zeit und je mehr sie miteinander erleben und durchstehen, zusammenwachsen und füreinander einstehen...
Die Reise dieser außergewöhnlichen "Freundschaft" hat mich - gerade zur Mitte hin - dann immer mehr an eine Landkarte, an die man ganz viele kleine Pinnnadeln hängt, erinnert. Denn die Vier besuchen so viele verschiedene Orte, dass diese Asoziation für mich irgendwann nicht mehr wegzudenken war...
Der Schreibstil des Autors war malerisch, poetisch, anders, absolut ehrlich, sanft und an einigen Stellen sogar ein pures Feuerwerk an Emotion.
Dieser Roman ist definitiv etwas ganz Besonderes! Und wer sich gerne auch mal aus seiner Komfortzone des Lesens herauswagen möchte, dem sei Das perfekte Grau einfach nur wärmstens ans Herz gelegt....

Mein abschließendes Fazit:
Ein grandioser Roman mit malerischer Sprache, der uns deutlich lehrt: "Die Freundschaft und die Liebe, können überall zu Hause sein!"