Rezension

Die Opfer sind die Kinder

Wo die Asche blüht -

Wo die Asche blüht
von Nguyễn Phan Quế Mai

Bewertet mit 5 Sternen

„...Von klein auf hatte man ihn als Staub des Lebens, Bastard, schwarzamerikanischen Imperialisten oder als Kind des Feindes bezeichnet...“

 

Phong ist Demütigungen gewohnt. Er ist das Kind einer Vietnamesin und eines amerikanischen Soldaten. Nun hofft er zusammen mit seiner Familie auf Ausreise in die USA. Doch das Visum wird ihn verweigert. Er muss beweisen, dass sein Vater Amerikaner war. Wie soll das gehen, wenn er ihn nicht kennt?

Die Autorin hat erneut ein Stück vietnamesischer Geschichte aufgearbeitet. Die Erzählung erfolgt in zwei Handlungssträngen. Der eine spielt 2016, der andere beginnt 1969.

Der Schriftstil des Buches ist fein ausgearbeitet. An manchen Stellen wirkt die Sprache blumig, obwohl das Thema bitterernst ist. Trotzdem passt es genau so.

 

„...Wie so viele Neunzehnjährige hatte er sich für Unbesiegbar gehalten. Doch ein Monat in Vietnam hatte gereicht, um ihn diese Illusion zu nehmen. Er war erst 23 gewesen, als er die Armee verlassen hatte, aber er hatte sich wie 60 gefühlt...“

 

Dan hatte Vietnam überlebt. Seine Verlobte hatte auf ihn gewartet. Doch auch mehr als vierzig Jahre später suchen ihn Alpträume heim. Es ist nicht nur die Erinnerung an den Krieg, es ist auch die an Kim, die er schwanger zurückgelassen hat und von der seine Frau nichts weiß.

Wir schreiben das Jahr 1969. Trang und ihre jüngere Schwester leben in Südvietnam. Ihre Eltern sind durch einen Betrüger in eine Schuldenfalle geraten. Mit ihren Feldern können sie sich kaum ernähren. Außerdem rückt die Front immer näher. Durch eine Freundin erfahren die Mädchen, dass man in einer Bar in Saigon viel Geld verdienen kann. Das aber ist nur die halbe Wahrheit. Dort nennt sich Trang Kim. Der Preis ist hoch. Schnelle wird klar, dass es mit Gespräche nicht getan ist. Ihre Familie bekommt das Geld, weiß aber nichts von den Job.

Sehr detailliert werden die Zeitverhältnisse geschildert. Die traumatisierten Soldaten suchen Ablenkung. Die junge Frauen sind Mittel zum Zweck – solange sie funktionieren. Kims jüngere Schwester hat das schnell erkannt:

 

„...Chi Hai...wir sind nur Wasserhyazinthen, die auf einem Fluss treiben. Lass dich von der Strömung nicht nach unten ziehen. Schütze dich, denn das kann niemand außer dir...“

 

Im Jahre 2016 treffen Phong und Dan in Saigon aufeinander. Wohlgemerkt, sie sind nicht Vater und Sohn. Doch durch Phong erfährt Dan, wie es den Kindern aus diesen Verbindungen ging. Phong muss gleichzeitig erkennen, dass die USA für sie nicht das Traumland ist, das er sich erhofft hat. Auch dort wären sie Außenseiter. Dan und seine Frau helfen ihm, sich in Vietnam ein zweites wirtschaftliches Standbein aufzubauen.

Natürlich werden auch die Schicksale von Kim und ihrer Schwester zu Ende erzählt.

Ab und an werden vietnamesische Sprichwörter in den Text eingestreut.

 

„...Das Leben reitet mal auf einem Elefanten, mal auf einem Hund...“

 

Der Roman hat mir sehr gut gefallen. Er zeigt die Verflechtungen, die der Krieg mit sich gebracht hat. Und er deutet an, wie gekonnt alle Seiten manipuliert worden sind. Die Folgen wirken nach – bis heute.

Ich möchte mit eine Zitat enden, das heute so aktuell ist wie es damals war:

 

„...Das Feuer des Krieges loderte und es brauchte immer mehr Männer als Brennholz...“