Rezension

Die Schöpfung einer neuen Welt und die Folgen

X-World - Jörg Arndt

X-World
von Jörg Arndt

Bewertet mit 4 Sternen

Bibelgeschichten auf die Cyberworld übertragen - intelligent umgesetzt, spannend und mit einer Prise Humor geschrieben, regt zum Nachdenken an

Cover:
Das Cover vermittelt gleich auf den ersten Blick, worum es geht: eine Vermischung aus Cyberworld und Bibelgeschichte. Der "Baum der Erkenntnis" wird durch eine Art Lupe betrachtet und steht so im Fokus des Schöpfers. Mit ihm begann gleich nach der Schaffung des Paradieses der Rauswurf und die Entwicklung des Menschen auch unter Einflussnahme des Bösen. Der Schöpfer tritt hier vorwiegend als Beobachter auf.

Inhalt:
Der Programmierer Ron braucht nach einer Jobniederlage dringend ein Erfolgserlebnis, auch um seiner Ex-Frau Lisa und seinem Sohn Jonte unterhaltsmäßig unter die Arme greifen zu können. Da kommt ihm die Erfindung eines Cyberhelms, für das er ein neues Spiel entwickeln soll, sehr recht. Seine Vision hierfür ist die Erschaffung einer Welt, in der man noch einmal von vorne anfängt. Eine Welt wie im Paradies, in der alle Menschen glücklich und friedlich miteinander leben können - X-World. Der Start gelingt, doch Ron hat nicht mit dem Bösen gerechnet, das sich in Form eines Gegenspielers namens Lutz in seine Welt schleicht und sie nach und nach zu vergiften droht. Ron hat keine andere Wahl als einzugreifen. Der Kampf des Guten gegen das Böse beginnt.

Mein Eindruck:
Nicht nur das Cover, auch die Idee, die Schöpfungsgeschichte in die Cyberwelt zu verlagern, hat mich von Beginn an fasziniert. Vor allem die Frage: was wäre wenn.. wenn Gott die Welt noch einmal so erschaffen würde, würde sich die Geschichte wiederholen, oder gäbe es die Möglichkeit, sie anders enden zu lassen? Wer gewinnt am Ende dieses Experimentes: das Gute oder das Böse? Und kann das eine ohne das andere überhaupt existieren? Ist der Mensch von Grund auf nur "gut"?

Von diesen und noch mehr Fragen getrieben habe ich dieses Buch begonnen zu lesen und in wenigen Tagen verschlungen. Der Einstieg ist bereits sehr gut gelungen, man schaut dem Programmierer direkt über die Schulter und begleitet ihn Tag für Tag bei der Erschaffung und Weiterentwicklung seiner Welt. Es ist spannend zu sehen, wie die Schöpfungsgeschichte auf die virtuelle Welt übertragen wird. Obwohl der Autor als Pastor kein Computerexperte ist, beweist er sehr gute Recherche und Ideenreichtum, um dies mit viel Detailliebe umzusetzen. So gibt es z. B. auf der einen Seite die Bots, die über künstliche Intelligenz verfügen, aber nicht über den Tellerrand des Spiels hinausblicken können. Der Glauben an einen Schöpfer oder gar eine Welt außerhalb X-World sind ihnen fremd. Auf der anderen Seite gibt es die realen Menschen, die sich als Spieler in der Welt herumtreiben. Sie wissen von der "Außenwelt" und dass Ron Erschaffer von X-World ist, aber haben die Wahl, Ron zu folgen oder seinem bösen Widersacher Lutz.

Doch die Erschaffung des Paradieses ist erst der Anfang. Ich möchte nicht zu viel verraten, doch ähnlich wie in der Bibel hat das Böse so viel Einfluss, dass sich X-World immer mehr verändert und sowohl Ron als auch Lutz sich einiges einfallen lassen, um ihre Interessen durchzusetzen. Dabei werden noch weitere Bibelgeschichten in leicht veränderter Form in X-World umgesetzt. Im Vergleich zum Buch der Bücher ist der Ausgang aber nicht immer ganz so vorhersehbar und zwischendurch erleben die Figuren in der realen Welt auch noch einige Dinge. Die Grenzen von RT (Real Life) zu VR (Virtual Reality) verschwimmen immer mehr und so werden auch aktuelle Probleme, wie Computer-/Onlinesucht hier thematisiert.

Das Buch hat mich durchweg gut unterhalten, durch die Übertragung von Bibelgeschichten auf die Cyberwelt oft zum Schmunzeln gebracht und viel zum Nachdenken angeregt. Dennoch hat mich das Ende nicht ganz überzeugt. In den letzten Kapiteln kamen mir einige Dinge zu übereilt vor, es waren mir ein paar Zufälle zu viel und ein paar Dinge waren mir zu kurz abgehandelt. Daher ziehe ich einen Punkt für diesem ansonsten hervorragend geschriebenen Roman ab, der zu Recht einen Preis gewonnen hat.

Fazit:
Bibelgeschichten auf die Cyberworld übertragen - intelligent umgesetzt, spannend und mit einer Prise Humor geschrieben, regt zum Nachdenken an