Die Soziopathin
Bewertet mit 3 Sternen
Zum zweiten Mal trifft der Leser auf Kim Stone, zur Gattung der Einzelgänger gehörig, Motorradfahrerin und –bastlerin, mit einer unglücklichen Kindheit belastet, aber gesegnet mit einem scharfen Verstand, Durchblick und einem loyalen Mitarbeiter, Sergeant Bryant.
Diesmal bekommt sie es mit einer besonders perfiden Gegnerin zu tun: Der Therapeutin Alexandra Thorne, die ihren Beruf dazu ausnutzt, in die Seelen ihrer Patienten quasi einzudringen und sie zu ergebenen Vasallen zu machen ohne dass diese merken, dass sie nicht mehr nach eigenem Willen handeln, sondern fremdgesteuert. Dabei wird Alexandra nicht nur von ihren Patienten, sondern auch von Unbeteiligten auf den Sockel gestellt und verehrt als zuverlässige, loyale und ihren Klienten ergebene Ärztin, die sich über das Berufliche hinaus für Außenseiter und Kranke einsetzt. Kim ist die einzige, die intuitiv hinter Alexandras Fassade blickt, doch wem nutzt es, wenn niemand ihr glaubt?
Der Leser weiß also von Anfang an, was, bzw. wer hinter den Verbrechen steckt, obwohl er sie nicht begangen hat. Man rätselt allenfalls daran, warum Alexandra ihre Klienten manipuliert.
Damit es aber dennoch spannend bleibt, hat die Autorin einen Parallelfall aufgebaut, den Missbrauch zweier kleiner Mädchen, die nach der Entdeckung aus ihrer Familie geholt und den staatlichen Stellen überstellt wurden. Bis Kim einer Sache auf die Spur kommt und noch ein Täter zu suchen ist.
Was beiden Fällen gleich ist: Sie scheinen gelöst, die Täter hinter Schloss und Riegel, und dennoch ist Kim nicht überzeugt, die wahren Schuldigen erwischt zu haben. Der Leser weiß, dass sie recht hat und stellt sich an ihre Seite.
Es gibt also doch noch Krimis, in denen keine Serienmörder töten und gejagt werden. Das ist das Positive.
Dass hier wieder ein/e Ermittler/in mit einem schweren Schicksal auftaucht, das ihn/sie zum einsamen Wolf macht, scheint inzwischen eine Art Standard des Genres.
Die Fälle selbst sind logisch aufgebaut, spannend geschildert, natürlich wieder mit der anscheinend unverzichtbaren Heldin-in-Gefahr-Szene – ein fesselndes Lesevergnügen für Fans schneller Krimis.
Aber mir fehlt die Originalität, etwas, das diese Krimireihe ungewöhnlich machen würde und sie aus der Einheitlichkeit des Immer-Gleichen herausragen lässt. Kims Vorliebe für Motorräder reicht dazu nicht aus.