Rezension

Die Unvollkommenen

Der letzte Tanz der Debütantin -

Der letzte Tanz der Debütantin
von Julia Kelly

Bewertet mit 4 Sternen

Bis zum Jahre 1958 gab es in England eine Tradition, wonach Töchter aus gutem Hause förmlich in die Gesellschaft eingeführt wurden, indem sie offiziell bei Hofe vorgestellt wurden. Für eine Saison wurde das Leben von zahlreichen Bällen und ähnlichen Veranstaltungen bestimmt, mit dem Ziel, passende Männer für die jungen Frauen zu finden und sie erfolgreich zu verheiraten. Erst im Jahre 1958 wurde diese lange Tradition beendet, da und nachdem Queen Elizabeth II. sie als nicht mehr zeitgemäß erachtete.

Diese endende Tradition steht im Mittelpunkt dieses Romans: Die achtzehnjährige Lily träumt davon, an der Universität Literatur zu studieren. Doch Lily ist von ihrer Mutter und von ihrer Großmutter abhängig, und so muss sie sich deren Wünschen und Vorschriften beugen und debütieren. Dies gestaltet sich als echte Herausforderung für Lily - nicht nur, weil sie eine Außenseiterin ist, sondern auch, weil es ein dunkles Geheimnis in ihrer Familie gibt, das ihr Leben für immer verändern wird ...

Julia Kelly´s Stil liest sich stets angenehm und ist sehr atmosphärisch. Man muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass "Der letzte Tanz der Debütantin" im Jahre 1958 spielt, denn er liest sich größtenteils extrem viktorianisch. Mir persönlich hat das aber gut gefallen. 

Leider besticht dieser Roman aber vor allem durch seine Atmosphäre - ansonsten ist er zwar nett zu lesen, bleibt aber etwas hinter den Erwartungen und dem Potenzial zurück. Größtenteils passiert nicht allzu viel und plätschert stattdessen alles so vor sich hin. So eine Ballsaison mit all ihren Aktivitäten hat man, wenn man historische Romane und bestimmte Zeitalter liebt, eben schon gefühlt 1000x gelesen, sodass dies allein zu wenig ist, um einen wirklich begeistern zu können. Julia Kelly hat bzgl. dieses Geheimnisses das Potenzial nicht voll ausgeschöpft; es war insgesamt nicht spannend und dramatisch genug dafür, dass dieses Geheimnis von so zentraler Bedeutung ist.

Überraschende Erkenntnisse und Wendungen waren für meinen Geschmack sehr rar gesät; größtenteils ist diese Geschichte ziemlich vorhersehbar, und zwar nicht nur bzgl. des Geheimnisses, sondern auch bzgl. anderer Dinge (etwa der Frage, welcher Mann Lily´s Herz erobern wird). 

Dennoch schenkt "Der letzte Tanz der Debütantin" dem Leser ein paar schöne Lesestunden und wird Liebhabern dieses Genres durchaus gefallen. 

Eine Anmerkung der Autorin, in der sich auch weiterführende Literatur aus der Feder einer der letzten Debütantinnen findet, rundet dieses Werk ab.