Rezension

Drei Frauen - drei Leben

Das Glück am Ende des Ozeans - Ines Thorn

Das Glück am Ende des Ozeans
von Ines Thorn

Nachdem Ines Thorn, Autorin historischer Unterhaltungsromane, in „Wolgatöchter“ Ende des achtzehnten Jahrhunderts drei junge Frauen auf ihrem Weg nach Russland begleitet hat, nimmt sie in ihrem neuesten Schmöker „Das Glück am Ende des Ozeans“ ihre Leserinnen mit auf den Weg nach Westen. Ziel ist Amerika, für viele das gelobte Land, in dem alles möglich ist.

Wir schreiben das Jahr 1876. Auf einem Auswandererschiff, das sich von Bremen aus auf die große Fahrt ins Ungewisse macht, bringt der Zufall die drei jungen Frauen Annett, Gottwitha und Susanne zusammen, die hoffen, in Amerika ihr Glück zu finden. Ihre Ausgangsvoraussetzungen und Motivationen sind sehr unterschiedlich, und freiwillig macht sich eigentlich nur Annett auf die Reise. Sie ist auch die einzige, die in der neuen Welt bereits eine Unterkunft und eine Anstellung erwartet. Die junge Frau, die sich so untypisch für die Ingenieurwissenschaften begeistert, träumt von einer richtigen Ausbildung, einem Studium, und soll Emily und ihren kranken Mann Washington Roebling bei einem Projekt unterstützen, das die Welt noch nicht gesehen hat. Sie wollen gegen alle Widerstände eine riesige Hängebrücke über den East River bauen, der die New Yorker Stadtteile Manhattan und Brooklyn verbindet, und dabei benötigen sie jede Hilfe, die sie bekommen können.

Gottwittha und Susanne hingegen sind nicht freiwillig auf dem Schiff, sondern müssen sich, wie in dieser Zeit üblich, männlichem Diktat fügen. In Gottwitthas Fall hat deren Vater, ein strenggläubiger Amisch, entschieden, seine Tochter mit einem Glaubensbruder in Pennsylvania zu verheiraten, und der hochschwangeren Susanne bleibt keine andere Wahl, als ihrem nichtsnutzigen und gewalttätigen Ehemann auf der Reise gen Westen in eine hoffentlich bessere Zukunft zu folgen.

Es sind drei Einwandererschicksale, die Ines Thorn in „Das Glück am Ende des Ozeans“ beschreibt, wobei die historischen Bezüge der Bau der Brooklyn Bridge, der Goldrausch im Westen und das Leben der religiösen Gemeinschaft der Amischen sind. Aus wechselnden Perspektiven nimmt sie den Weg und das Schicksal der jeweiligen Protagonistin unter die Lupe und füllt es mit historischen Fakten, die in den jeweiligen Kontext passen. Gleichzeitig beschreibt sie aber auch die allmählichen Emanzipationsversuche dieser Frauen, die nicht mehr gewillt sind, sich fremdbestimmen zu lassen, sondern ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen.

Die Autorin schafft es, die Atmosphäre der verschiedenen Lebensräume anschaulich zu transportieren: das hektische Leben am Kai nach der Ankunft, die ärmliche Umgebung in dem Elendsviertel Five Points sowie das karge Leben in der Amischgemeinde.

Natürlich ist die Geschichte vorhersehbar, nicht sonderlich anspruchsvoll und ohne Frage oft sehr klischeehaft. Aber gerade das ist es, was die weibliche Leserschaft erwartet, wenn sie zu einem historischen Schmöker greift: für einige Stunden in eine andere Zeit eintauchen und sich gut unterhalten lassen.