Rezension

Durchaus aktuell

Als wir an Wunder glaubten -

Als wir an Wunder glaubten
von Helga Bürster

Bewertet mit 3 Sternen

Durchaus aktuell
          Es gibt viele Romane, die die unmittelbare Nachkriegszeit zum Thema haben. Helga Bürster gelingt es in ihrem Roman „Als wir an Wunder glaubten“ einen neuen Aspekt hinzuzufügen. Sie lässt die Handlung 1949 in Unnendorf spielen, einem fiktiven Ort in einer Moorgegend in Norddeutschland. Und entsprechend dieser Landschaft spielen Aberglaube und vermeintliche Wunderheilung eine zentrale Rolle. Deutlich wird die Naivität, mit der Menschen sich in der Krisensituation der Nachkriegszeit Opfer suchen, denen sie die Schuld an ihrer Krise zuschieben können. Ebenso deutlich wird die Rücksichtslosigkeit, mit der Menschen diese Naivität zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen.
Thematisiert wird aber auch der Einbruch der Moderne in das eher mittelalterlich anmutende Unnenbach: Das Moor wird trockengelegt, da es vermeintlich ökonomisch ohne Wert ist. Und die einstige Hausiererin gründet ein Versandhaus für Dessous und Sexspielzeuge.
Die Figuren des Romans sind nachvollziehbar gestaltet, wenn auch zum Teil etwas eindimensional: der Böse ist durch und durch böse ohne jegliche Schattierung.
Einige Rezensenten haben den Titel kritisiert mit dem Hinweis, es gebe einen Unterschied zwischen Aberglaube und Wunder. In der Tat nimmt der Titel die Perspektive derjenigen auf, die an Übersinnliches glauben. Mich irritiert der Titel auch, da es ja auch um Hexenglauben und Hexenverfolgung geht und damit kann ich den Begriff „Wunder“ nicht in Verbindung bringen.
Die stärksten Passagen in dem Roman sind für mich die Kapitel, die aus Sicht des Kriegsversehrten Otto/Josef erzählen. Diese Passagen habe ich als wirklich anrührend empfunden.
Die Thematik des Romans ist im Übrigen hochaktuell, haben wir doch erlebt, wie in der jüngsten Krisenzeit, der Corona-Krise, Verschwörungstheorien massenweise im Internet verbreitet wurden.