Rezension

Eigentlich ...

Allerheiligen - Richard Dübell

Allerheiligen
von Richard Dübell

Bewertet mit 3 Sternen

Eigentlich ist das ja die Art Buch, die ich richtig gern habe. Ein spannender Kriminalfall, einige sympathische Leute, Verbindung zu (teilweise ausgedachten) historischen Ereignissen, und ab und zu ziemlich witzig.

Es geht um einen Überfall auf einen Juwelier in München mit Todesfolge, um die Jagd nach dem Mörder, um einen Polizisten, der Fehler begangen hat und weiterhin begeht, um 500 Jahre alte Geschmeide, um falsche Loyalität - und dieser ganze Rattenschwanz zieht sich nach Landshut, wo die Kriminalhauptkommissare Peter Bernhard und Flora Sandner damit zu tun bekommen. Peter und Flora sind nicht nur beruflich ein gutes Team, auch privat mögen sie sich und zumindest einmal schon war das eine friendship with benefits. Peter will allerdings mehr und ist nicht begeistert, als plötzlich die Münchner Polizisten auftauchen und sich einer von ihnen als der Ex von Flora entpuppt. Und dieser Ex ist auch noch ein echter Held, zumindest was seine Sprüche angeht. Nein, es gefällt ihm ganz und gar nicht, und obwohl sich die Landshuter aus den Ermittlungen raushalten sollen, beginnt er, eigene Nachforschungen anzustellen. Dabei kommt ihm nicht nur einmal zugute, dass sein pensionierter Vater ein Geschichtsfreak ist, der ihm so das ein oder andere gerade über den Schmuck, um den es dem Mörder geht, erzählen kann, sondern auch die Tatsache, dass er und Flora und ihr Freund Connor selbst historische Führungen in ihrer Freizeit durchführen.

Jetzt mixe man dort noch eine tragische Familiengeschichte, einen halbpsychopathischen Mörder, liebesbedürftige Staatsanwältinnen und ein uraltes Auto namens Tank hinein und heraus sollte eigentlich der coolste Krimi der Weltgeschichte kommen.

Weil eigentlich aber kein gescheites Wort ist und immer ein aber hinter sich herzieht, gibt es hier das, was mich gestört hat.
Gleich zu Anfang stolperte ich über wirklich seltsame Sachen. In Wittenberg gab es einen (tödlich ausgehenden) Raub wertvollen Schmucks. Jetzt wird aber behauptet, die sächsische Polizei kümmert sich darum und arbeitet später mit der bayerischen Polizei zusammen. Ich frage mich, warum sich die sächsische Polizei um diesen Fall kümmern soll? Weil es vor 500 Jahren mal sächsischer Schmuck war? Da hätte sie aber viel zu tun. Wittenberg liegt in Sachsen-Anhalt, und ich schätze, die Polizei da wäre schon verschnupft, sollte plötzlich irgendein sächsischer Polizist da auftauchen und sagen: Her mit dem Fall, der Klunker war schließlich mal sächsisch!
Etwas später ein ähnliches Spiel. Connor stellt seine neue Freundin, die "Doreen aus Wittenberg" vor. Und was macht die gute Frau? Spricht mit dem tiefsten sächsischen Dialekt, der sich finden lässt. Na ja. Vielleicht eine Zugezogene.

So sympathisch, wie mir die Protagonisten meistens waren, habe ich oft ihre Denkweise nicht nachvollziehen können. Zumindest das Gehabe von Flora wurde mir nie klar. Wie sie Peter behandelt, ist einfach pubertär. Heute ja, morgen nein, übermorgen vielleicht und nächste Woche habe ich meine Tage, da denke ich schon wieder ganz anders. Umgekehrt macht er es auch nicht anders mit der Staatsanwältin. Ein normaler Erwachsener sagt einfach: "Mensch, du bist eine tolle Frau, aber echt jetzt: Ich will nichts von dir." Stattdessen nutzt er sie ständig aus, spielt mit ihren Gefühlen und wundert sich im Gegenzug, wenn sich Flora ihm gegenüber so benimmt. Gleichzeitig finde ich die Staatsanwältin zu übertrieben. Würde sich eine so intelligente Frau mit Selbstachtung wieder und wieder und wieder einem Mann an den Hals werfen, der so offensichtlich nichts von ihr will - höchstens, wenn er sie braucht? Ich bin keine Staatsanwältin und sicherlich nicht halb so intelligent und hübsch wie sie, aber ich hätte den Mann abgehakt, wenn er sich so unwohl in meiner Nähe fühlt.

Fazit: Cooles Setting, interessante Leute, gelegentlich sehr seltsame Ansichten, Absichten und Aussichten.