Rezension

Ein Buch über die vielen Facetten von Schmerz

Schmerz
von Zeruya Shalev

In „Schmerz“ erzählt Zeruya Shalev eine Geschichte über das Leben in Israel, Terror, dessen Folgen für die Bevölkerung, aber vor allem über die Bedeutung und Macht der ersten Liebe. Kann eine Ehe Bestand haben, wenn man seine Jugendliebe all die Jahre nicht vergessen hat? Wäre mit ihm nicht alles besser? Macht es Sinn eine Ehe zu beenden für eine Beziehung mit einem Mann, den man eigentlich gar nicht (mehr) kennt? Dieser Roman bietet erhellende Antworten auf all diese Fragen. Absolute Leseempfehlung!

Da ich von Zeruya Shalev bereits „Liebesleben“ gelesen habe, wusste ich in etwa, worauf ich mich mit „Schmerz“ einlasse. Die Autorin hat ein einzigartiges Talent scheinbar alltägliche Erlebnisse in besonderen Worten zu erzählen und ihnen eine tiefe Bedeutung zu geben.

So scheint das Grundgerüst dieses Romans eine Geschichte zu sein, die schon tausendfach erzählt wurde: Eine verheiratete Frau mittleren Alters mit zwei fast erwachsenen Kindern trifft nach Jahrzehnten zufällig ihre Jugendliebe wieder und alte Gefühle flammen sofort wieder auf. Sie beginnt ihr bisheriges Leben und ihre Ehe in Frage zu stellen – so weit so bekannt. Zeruya Shalev packt diese Geschichte aber in eine ungewöhnliche Umgebung – nämlich in das von Terroranschlägen geprägte Israel. Einem dieser Terroranschläge ist vor 10 Jahren die Protagonistin Iris zum Opfer gefallen. Die Tatsache, dass sie dabei schwer verletzt wurde und nach wie vor mit den körperlichen und psychischen Folgen zu kämpfen hat, macht sie zu einer interessanten und vielschichtigen Protagonistin, deren Gedanken nie stringent oder vorhersehbar, aber immer nachvollziehbar sind.

Zeruya Shalev gelingt es wie keiner anderen die innere Zerrissenheit, den körperlichen und seelischen Schmerz und die Zweifel ihrer Hauptfigur Ausdruck zu verleihen. In einem zugegebenermaßen sehr gewöhnungsbedürftigen Schreibstil, der kaum Punkte und keine wörtliche Rede kennt, dafür aber unzählige Schachtelsätze bietet, findet sie die passenden Worte, um ihrer Geschichte ein hohes Maß an Authentizität zu verleihen, frei von Klischees und Kitsch. Mit jedem gelesenen Satz spürt man die Leidenschaft der Autorin für diese Geschichte, die den Leser förmlich in einen Rausch versetzt und durch die Seiten fliegen lässt.

Das Ende des Romans ist herausragend: nicht vorhersehbar, abschließend und doch offen, unkitschig und doch auf seine Art romantisch. Es bildet den perfekten Abschluss dieser aufwühlenden Geschichte über die vielen Facetten von Schmerz.

Mein Fazit: In „Schmerz“ erzählt Zeruya Shalev eine Geschichte über das Leben in Israel, Terror, dessen Folgen für die Bevölkerung, aber vor allem über die Bedeutung und Macht der ersten Liebe. Kann eine Ehe Bestand haben, wenn man seine Jugendliebe all die Jahre nicht vergessen hat? Wäre mit ihm nicht alles besser? Macht es Sinn eine Ehe zu beenden für eine Beziehung mit einem Mann, den man eigentlich gar nicht (mehr) kennt? Dieser Roman bietet erhellende Antworten auf all diese Fragen. Absolute Leseempfehlung!