Rezension

Ein fesselnder, raffiniert angelegter Psychothriller mit Mystery-Elementen

grabestreu - Colette Mcbeth

grabestreu
von Colette McBeth

Bewertet mit 4 Sternen

„Sie hat überlebt. Doch ihr Albtraum ist noch nicht vorüber …“

INHALT

Vor fünf Jahren wurde Melody Pieterson von einem Unbekannten überfallen und entkam nur knapp dem Tod. Seitdem hat sie alle Erinnerungen an ihr altes Leben begraben und sich eine neue Identität aufgebaut. Ihr Angreifer ist hinter Gittern, in vier Wochen wird sie heiraten. Ihr Leben scheint fast normal. Doch dann entdeckt die Polizei die Leiche einer Frau, am gleichen Ort, an dem der Täter damals Melody zurückließ. Als wie vor fünf Jahren eine Kette mit einem kleinen goldenen Vogelkäfig am Tatort gefunden wird, muss Melody erkennen: Ihr Peiniger ist auf freiem Fuß. Und der Albtraum ist noch nicht vorbei … 
(Quelle blanvalet Verlag)

MEINE MEINUNG

Mit dem Nachfolger ihres gelungenen Thriller-Debüts „zorneskalt“ ist der britischen Autorin und ehemaligen BBC-Reporterin auch mit ihrem neuen Buch „grabestreu“ ein vielschichtiger und äußerst packender Psychothriller gelungen, den man schon bald nicht mehr aus der Hand legen kann.

Der Leser erlebt die in der Gegenwart angesiedelte Haupthandlung aus der Sicht von drei weiblichen Figuren, die ihre Erlebnisse in sich abwechselnden Kapiteln aus der Ich-Perspektive in der Vergangenheitsform erzählen. Dies ist zum einen die Protagonistin Melody Pieterson, die vor Jahren schwer verletzt einen Überfall überlebt hat und sich, immer noch schwer traumatisiert, mit ihrem Verlobten Sam ein neues Leben aufzubauen versucht. Aus einer zweiten Perspektive erleben wir die junge Eve, die quasi aus dem Jenseits Einblicke in ihr Leben kurz vor ihrer Ermordung gibt, denn bis kurz vor ihrem Tod versuchte sie als investigative Journalistin die Unschuld des damals für Melodys Angriff verurteilten David Alden zu beweisen und einen Justizirrtum nachzuweisen. Die Autorin hat mit Eves allwissender Sicht auf gelungene Weise mystische, paranormale Elemente in ihre Geschichte eingebunden, die sehr passend wirken, für viel Spannung sorgen und dem Thriller eine besondere Note geben. Schließlich lernen wir in einer letzten Perspektive die in die Untersuchungen zu Eves Mordfall eingebundene Polizeibeamtin DI Rutter kennen, die immer mehr Unstimmigkeiten bei den Ermittlungen zu Melodys Fall aufdeckt und alles daran setzt, Eves Mörder und Melodys mutmaßlichen Peiniger zu finden.

Sehr gelungen sind die fesselnden Perspektivwechsel, durch die sich langsam eine greifbare Spannung aufbaut. So beginnt man gebannt zu rätseln, wie neu aufgedeckte, verwirrende Anhaltspunkte zusammenhängen könnten und wird so manches Mal in die Irre geführt. Schon bald wird klar, dass viele Figuren etwas zu verbergen haben, und für dieses grausame Psychospiel jemand aus unmittelbarer Nähe von Melody verantwortlich zu sein scheint, der auch Kontakt zum Mordopfer Eve hatte.
Durch ihre clever konstruierte Handlung und viele unerwartete Wendungen versteht es die Autorin, die aufgebaute Spannung bis zum packenden Showdown immer weiter zu steigern. Auch wenn die Auflösung des Falls für mich sehr überraschend kam, waren die psychologischen Hintergründe für die Taten in sich schlüssig und sehr nachvollziehbar.
Sehr vielschichtig und lebensnah hat McBeth ihre Figuren charakterisiert, insbesondere ihre drei weiblichen Figuren wirken sehr authentisch und sympathisch. Durch ihre besonderen Eigenarten bekommen sie eine besondere Tiefe und können sehr überzeugen. Hervorragend gelungen ist vor allem Melody, die ihre traumatischen Erlebnisse und Amnesie nach dem brutalen Überfall bis heute nicht verarbeitet hat und sich nicht mehr richtig in ihr früheres Leben einfinden konnte. Tief erschüttert ist ihr Urvertrauen und Selbstbewusstsein. Die Autorin versteht es, uns ihren beklemmenden Alltag detailreich zu schildern, ihre labile Psyche und ihr gestörtes Verhalten vor Augen zu führen, das geprägt ist von Zwangshandlungen und Rückzug. Im Verlauf der Handlung beginnt Melody auf eigene Faust die brutale Wahrheit ans Licht zu bringen, die sie fast an ihrem Verstand zweifeln lässt, sie aber schließlich Stück für Stück ihr altes Leben und ihre Stärke zurückgewinnen lässt.

Der Schreibstil von Colette McBeth ist sehr mitreißend, abwechslungsreich und flüssig. Auf äußerst bildhafte, oft eindringliche Art gelingt es der Autorin Schauplätze und Szenen zu beschreiben und Stimmungen heraufzubeschwören.

FAZIT
Ein sehr fesselnder Psychothriller, der mich mit seiner äußerst raffiniert angelegten Handlung, faszinierenden, authentischen Charakteren und überraschenden Mystery-Elementen sehr gut unterhalten konnte.