Rezension

Ein packenderes und verstörenderes, aber auch faszinierenderes und emotionaleres Buch habe ich in letzter Zeit nicht gelesen.

Hades' Hangmen - Rider - Tillie Cole

Hades' Hangmen - Rider
von Tillie Cole

Bewertet mit 5 Sternen

Tillie Cole – Hades´ Hangmen, Rider

 

Rider, der vor vielen Jahren von seinem Onkel, dem Propheten David, zu den Hades Hangmen geschickt wurde, um diese auszuspionieren, ist zurück in Neu Zion. Froh zu hause zu sein, fühlt er sich aber dennoch nicht wohl mit seiner Aufgabe. Er hat nie den Worten geglaubt, die die drei entflohenen Frauen aus seiner Gemeinde ihm offenbart haben. Doch als er bei einer „göttlichen Teilhabe“ anwesend ist, kann er es kaum fassen: Erwachsene Männer drängen sich kleinen Mädchen auf, um diese von der Erbsünde zu befreien. Fassungslos unterbricht er die Teilhabe und will sofort die Gesetze ändern, doch sein Zwillingsbruder Judah schmeisst Cain ins Verlies und gibt sich als Prophet Cain aus. Judahs Ziel ist es, die alte Ordnung wiederherzustellen und Krieg gegen die Hangmen zu führen, dabei sucht er sich mächtige Verbündete.

Wochenlang sitzt Cain nun in seiner Zelle, wird jeden Tag gezüchtigt und vor die Wahl gestellt, seine Sünden zu bereuen oder sich zu Judah und den Schriften zu bekennen, als in der Zelle nebenan Harmony eingesperrt wird. Sie wurde als „Verfluchte“ gebrandmarkt und soll nun Judah bzw den Propheten Cain heiraten. Gemeinsam bauen die beiden eine Verbindung zueinander auf, doch was passiert, wenn Harmony herausfindet, dass eigentlich Rider der hochgepriesene Prophet ist und er die Gemeinde übernehmen soll...

 

Vorweg: Die Reihe der Hades´ Hangmen von Tillie Cole ist eine der gewalttätigsten und brutalsten Serien aus dem Dark-Romance Bereich die ich gelesen habe, wahrscheinlich weil es hier explizite Gewaltszenen gibt, die sich nicht nur gegen junge Frauen sondern auch gegen Kinder richtet. Darüber hinaus schreibt auch die Autorin im Vorwort, dass das Liebesspiel zwischen den beiden Protagonisten einvernehmlich ist und die Bücher „triggern“ könnten. Von daher kann ich das Buch nur mit ein Einschränkungen empfehlen.

 

Ich habe bereits alle drei Vorgängerbände gelesen und mit „Rider“ hat die Autorin wieder eine fesselnde, aber auch traurig-emotionale Geschichte geschrieben, die mich überzeugen konnte. Lässt man die ganzen Gewaltszenen weg, gibt es hier eine Geschichte, die das Herz berührt, denn egal wieviel Schrecken man durchleben muss, irgendwann hat jeder sein Happy End verdient, auch wenn der Weg bis dahin wahnsinnig steinig ist und stellenweise der Lebensmut verloren geht. Die Devise heißt hier, durchhalten und auf ein Happy End hoffen.

 

Der Erzählstil ist modern und flüssig, sodass die Story schnell zu einem Pageturner wird, den man einfach nicht aus der Hand legen kann. Ich hatte die Geschichte in wenigen Stunden durchgelesen und erlebte ein Wechselbad der Gefühle, über grenzenlose Fassungslosigkeit, Wut, Traurigkeit und Ekel, bis hin zu Freude, Hoffnung und Erleichterung war alles dabei, und das spricht schon alleine für die Autorin, dass sie mich als Leser so erreichen konnte. Die Vorstellung, dass es da draußen Mädchen und Frauen gibt, die all das durchleiden müssen, macht mich krank, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass jeder sein eigenes Happy End bekommt.

Die Geschichte hält viele Überraschungen, Richtungswechsel, Irrwege und Sackgassen bereit, natürlich erfüllt sie einige Klischees, die für mich aber unbedingt dazu gehören, außerdem wird durch die Perspektivwechsel eine durchgehende Spannung auf hohem Niveau aufgebaut. Auch wenn die Geschichte zwischen Cain und Harmony hier ein Ende findet, gibt es einen Cliffhanger, der auf eine Fortsetzung hoffen lässt.

Ich will gar nicht so viel über den Inhalt der Story verraten, deswegen schenke ich einem anderen Aspekt in diesem Buch hier etwas mehr Beachtung.

Die Hades Hangmen sind ganz sicher keine „Good Boys“, dafür wird das Klischee des kriminellen Motorrad-Clubs der seine Wünsche mit Gewalt durchbringt viel zu sehr präsentiert, aber die Autorin schafft es, mich mit deren Freundschaft untereinander einfach immer wieder zu begeistern. Der Club ist eine Einheit, die Freundschaft wird hochgehalten, auch wenn es natürlich Machtstrukturen gibt. Auch die Frauen hegen hier eine intensive Freundschaft, die so viel mehr ist, als das Wort „Familie“ ausdrücken könnte. Wahre Freundschaft ist, wenn man das „schwarze Schaf“ wieder in die Familie aufnimmt, für ihn oder sie da ist, und Hilfe anbietet, auch wenn er/sie einen enttäuscht hat.

Gerade in diesem Roman war das sehr gut zu lesen und hervorragend herausgearbeitet.

 

Die Charaktere wirken wieder einmal hervorragend ausgearbeitet, realistisch und lebendig. Ich konnte mir jeden Einzelnen vorstellen, habe mit Rider/Cain und Harmony mitgelitten, mitgefiebert und mitgehofft, aber auch Ky und Lilah sowie Styx und Mae haben hier ihr Päckchen zu tragen.

Eigentlich mochte ich den ruhigen, sympathischen Rider bereits in Band 1, so wie er mit Mae umgegangen ist, ruhig und besonnen, und das hat sich auch in den Folgebänden mit der Offenbarung, dass er der neue Prophet ist, eigentlich nicht geändert. Ich kann und konnte ihn mir einfach nicht als so einen rücksichtslosen Vergewaltiger vorstellen, der nur nach Macht strebt. Zum Glück hat sich dies auch nicht bewahrheitet und seine Geschichte hat mich sehr berührt, den Mut den er aufbringt, um zu kämpfen, aber erst nachdem er so hoffnungslos ist, dass er am liebsten sterben möchte, konnte mich überzeugen. Hier hat die Autorin eine Figur erschaffen, die mich mit all seinen Facetten berühren konnte.

Zu Harmony möchte ich gar nicht so viel sagen, wie alle Frauen der Reihe hat sie unaussprechliches durchmachen müssen, aber trotzdem hatte sie auch Freunde in den eigenen Reihen, die genau wie sie, nicht mit den Untaten einverstanden sind. Sie zeigt von Anfang an Stärke und Mut, stellt sich den Herausforderungen und lässt sich nicht brechen. Das ist so bewundernswert und hat mich in Atem gehalten.

 

Ich könnte wahrscheinlich stundenlang weiter über dieses Buch schreiben, aber ich will zum Ende kommen: Der vierte Band der „Hades´ Hangmen“-Reihe ist eines meiner Highlights in diesem Jahr, ich hatte gar keine Möglichkeit mich der Story zu entziehen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite praktisch verschlungen hat. So grausam der Inhalt ist, so fazinierend die Sektenmentalität ist, so dermaßen berührend war die Geschichte, die mich aber auch geängstigt und entsetzt hat. Ich will nicht schreiben, dass es ein „Lesegenuss“ war, das würde das falsche Zeichen setzen, aber ein packenderes, fesselndes und verstörenderes Buch habe ich in letzter Zeit nicht gelesen.

 

Das Cover passt sehr gut zur Reihe und ähnelt den Vorgängern sehr, eine halbnackte Rückenansicht eines Mannes mit MC-Tattoo.

 

Fazit: Ein packenderes und verstörenderes, aber auch faszinierenderes und emotionaleres Buch habe ich in letzter Zeit nicht gelesen. 5 Sterne.