Rezension

Einblicke in die jüdische Glaubenswelt

Die Hoffnung der Chani Kaufman -

Die Hoffnung der Chani Kaufman
von Eve Harris

Bewertet mit 4 Sternen

Fesselnde, mit viel Einfühlungsvermögen erzählte Geschichte über Fragen des jüdischen Glaubens.

Nach ihrer Hochzeit sind Chani und Baruch nach Jerusalem gezogen, wo Baruch für seine Zukunft als Rabbiner den Talmud studiert und Chani in einem Blumenladen arbeitet. Ihr Glück wäre vollkommen, wenn sich endlich Nachwuchs ankündigen würde, doch leider waren bisher alle Bemühungen diesbezüglich vergebens. Als die Erwartungen von außen immer mehr zunehmen, entschließt sich das Paar, mit finanzieller Unterstützung von Baruchs wohlhabenden Eltern, in London eine Klinik für Kinderwunsch aufzusuchen. Der Befund lässt wenig Hoffnung, den Chanis fruchtbare Tage fallen genau in die Zeit, in der nach den strengen jüdischen Gesetzen das Paar sexuell enthaltsam sein sollte. Zufällig trifft Chani ihre einstige Brauthelferin Rivka Zilberman, die sich inzwischen von ihrem Ehemann Chaim getrennt hat und versucht, sich außerhalb der jüdischen Konventionen ein eigenes Leben aufzubauen. Wird Rivka eine Lösung für Chanis und Baruchs Problem finden? …

Eve Harris ist eine britische Schriftstellerin und wurde 1973 in London als Tochter polnisch-israelischer Eltern geboren. Sie arbeitete zwölf Jahre als Lehrerin für Englisch an katholischen und jüdisch-orthodoxen Mädchenschulen in London und Tel Aviv. Ihr erster Roman „Die Hochzeit der Chani Kaufman“ stand 2013 auf der Longlist des Man Booker Prize. Eve Harris lebt mit Mann und zwei Kindern in London.

Mit viel Feingefühl und Toleranz schildert die Autorin die für Außenstehende kaum verständlichen Bräuche und Rituale der jüdischen Religion. Dabei stellt sie nicht die Religion selbst oder gar Gott infrage, sondern prangert die teils unmenschlichen Gebote und Verbote an, die alte Männer vor hunderten von Jahren erlassen haben und auf deren Einhaltung engstirnige religiöse Eiferer auch heute noch bestehen. Dass diese mit List und einigen Tricks auch umgangen werden können, liest man mit vergnüglichem Schmunzeln.

Der Schreibstil ist angenehm schnörkellos und lässt sich gut lesen, lediglich die zahlreichen speziellen jüdischen Ausdrücke (im Anhang befindet sich ein Glossar) stören etwas den Lesefluss. Die wichtigsten Figuren kommen kapitelweise zu Wort, so dass man ihnen sehr nahe kommt und ihre Art zu handeln etwas besser versteht. Auch die Schauplätze wechseln zwischen Jerusalem, Tel Aviv und Golders Green, einem Stadtteil Londons, in dem hauptsächlich orthodoxe Juden wohnen. Trotz dem Bemühen der Autorin mangelt es mir an Verständnis und Toleranz für die mannigfachen Rituale und Regeln in der jüdischen Glaubenswelt.

Fazit: Interessante und spannende Einblicke in die Welt des jüdischen Glaubens wie man sie nicht alle Tage zu lesen bekommt – und gleichzeitig eine einfühlsame Liebesgeschichte.