Eine Chance für das Ende
Bewertet mit 4 Sternen
„Entschlafen“, „das Zeitliche segnen“, „dahingehen“, „den Geist aufgeben“ – dies sind nur ein paar der unzähligen Synonyme, die man braucht, um nicht dieses schreckliche Wort auszusprechen: STERBEN.
Das, was die Welt gerecht macht, was für jeden gilt, was uns jeden Tag begegnet, wird beiseite geschoben, hinter wohlfeilen Begriffen verborgen und aus Kopf und Alltag ausgeschlossen. Viele konfrontieren sich erst dann mit dem Tod, wenn sie selbst, Familie oder Freunde betroffen sind.
Warum? Ist es die Angst vor dem Unwissen über das „Danach“, bzw. vor dem endgültigen Verlöschen? Die Vermutung, die Auseinandersetzung mit dem Sterben verhindere den Genuss am Leben? Oder ist es ein Syndrom unserer Zeit, das Belastende, Unangenehme und Verzweifelte möglichst weit zu verbannen?
Bei diesem Problem setzt die Autorin an, und sie gibt zu, dass erst der Tod ihres Vaters sie dazu brachte, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Katharina Schmidt legt dar, warum es eine Bereicherung für das Leben ist, sich mit seinem Ende zu beschäftigen. Warum es befreit, mit einem Todgeweihten darüber zu sprechen. Und warum nur die Endlichkeit das Leben kostbar macht.
Darüber hinaus geht es um Fakten, Zahlen und gesellschaftliche Wandlungen: Die Einrichtung von ambulanten und stationären Palliativ-Diensten, die von den Regierungen eindeutig stärker in den Fokus genommen werden muss, die augenblickliche Gesetzeslage zu Sterbebegleitung und Tötung auf Verlangen und die generelle Hilflosigkeit der Gesellschaft gegenüber Alten, Schwerkranken und Sterbenden.
Die Gespräche, die sie mit Sterbenden und Trauernden führte, bindet sie ein, aber sie stehen nicht im Mittelpunkt, so dass jeder Voyeurismus von vorne herein ausgeschlossen ist.
Anzumerken ist: Die Autorin ist Österreicherin und das, was sie schreibt, gilt für Österreich; mitunter verweist sie auf Deutschland oder die Schweiz. Auch wenn die österreichischen Gesetze den deutschen ähnlich sind, wäre es nicht schlecht, wenn sich ein Autor finden würde, der ein solches Buch mit diesen Informationen, Hintergründen und Fakten auch für unser Land schreiben würde.