Rezension

Eine Dystopie, die sprachlich überrascht

Niobe - Markus Haack

Niobe
von Markus Haack

Bewertet mit 4.5 Sternen

Niobes bisheriges Leben wird durch den Weggang ihres Bruders plötzlich in Frage gestellt. Sie wuchs wohlbehütet bei ihren Zieheltern Caius und Ailan auf und hat gerade ihre Ausbildung abgeschlossen. Ihr Bruder, der schon immer zu den Sternen strebte, verlässt seine Familie, um für ein Projekt zu arbeiten, was seine Eltern als größenwahnsinnig und als das Ende ihrer bisherigen Gesellschaftsstruktur sehen. Denn die Welt in der sie leben, steht vor einem Umbruch. Das Gleichgewicht der verschiedenen Familienclan wird nicht mehr aufrecht gehalten. Der Clan Xian strebt die Vorherrschaft an und will mit dem Aufbau einer Sternenstadt, die das neueste und größte Weltraumprojekt vorbereitet endgültig der mächtigste Clan werden. Niobe hat Angst um ihren Bruder, denn von allen, die für das Projekt Sternenstadt arbeiten, gibt es keine Nachrichten mehr. Begründet wird dies mit dem Thema Sicherheit und Geheimhaltung, aber Niobe vermutet mehr dahinter und versucht ihm zu folgen und kommt selbst in große Gefahr.

Der Autor erschafft mit seinem Debüt eine sehr komplexe dystopische Welt. Sie erinnert an ein modernes römisches Reich, das wiederum durch das Machtstreben der Menschen vor dem Zerfall steht. Der Bezug zum römischen Reich ist gewollt, was allein schon bei Wahl der Namen der Protagonisten und der Bezeichnung der Währung Dinare auffällt. Die Idee, dass das römische Reich bis in zukünftige Zeit überstanden hat und sich weiterentwickelt hat, ist faszinierend und für mich einer der großen Stärken des Romans. Denn der Autor gab sich besondere Mühe die vielschichtige Welt mit seinen positiven und negativen Eigenschaften zu beschreiben, ohne dabei in zu langatmige Details abzudriften. Eine weitere Besonderheit des Romans ist seine Sprache, denn hier kann ich nicht, wie bei vielen anderen dystopischen Romanen besonders aus Jugendliteratur, einfach über die Sätze fliegen, sondern muss aufnehmen und wirken lassen. Das viel mir nicht immer leicht, da ich eher eine ungeduldige Leserin bin. Auch bei der wörtlichen Rede sind die Sätze viel komplexer, als ich es sonst gewöhnt bin. Ein Minuspunkt gibt es aus meiner Sicht für die Charaktere, die mir zum Teil fremd blieben. Niobe steht im Mittelpunkt und ist dementsprechend am detaillierten herausgearbeitet, dennoch fiel es mir schwer ihre Entscheidungen immer nachzuvollziehen. Oft blieb sie mir zu passiv und naiv. Andere Charaktere gefielen mir besser, wie ihr Bruder, andere wiederum empfand ich es merkwürdig. Aber das ist auch ein wenig die Herausforderung bei diesem Roman, es ist nicht alles so glatt und vorhersehbar.

Insgesamt ein Roman, den ich weiter empfehle, denn er unterscheidet sich von den üblichen Romanen dieses Genres. Vor allem sprachlich hat er mich überrascht und herausgefordert, dazu kommt eine vielschichtige Welt, die einerseits bekanntes aus unserer Geschichte beinhaltet, anderseits sich völlig anders entwickelt hat. Ein gelungenes Debüt.