Eine Kindheit ? Eine Kindheit !

Raumpatrouille
von Matthias Brandt

Bewertet mit 5 Sternen

Matthias Brandt lässt in vierzehn Erzählungen eine Kindheit, seine Kindheit auferstehen. In der damaligen Hauptstadt Bonn, zu der Zeit, als sein Vater Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland war. Doch sein Abenteuerleben erfolgte fernab der grossen Politik. Zwar traf er des öfteren Heinrich Lübke, Bundespräsident bis 1969, für ihn aber hauptsächlich Nachbar, beim Kakao; doch was die beiden verband, war keine Politik, sondern das gemeinsame Sternzeichen. Ebenso erlebte er Herbert Wehner nicht als kauzigen Parteifreund, sondern als den Mann, der besser Fahrrad fuhr als der eigene Vater. Das Sicherheitspersonal mutierte zu Freunden und Verbündeten.

Es war, trotz allem, eine Kindheit, die an die eigene Kindheit erinnern lässt. Das Streifen durch den Wald; der geliebte Hund; das Schlüpfen in andere Rollen, wenn man nur die passende Verkleidung zur Hand hatte, die Briefmarkensammlung; das erste, schüchterne Verehren des anderen Geschlechts. Schülerleben mit Freunden und Feinden, dazugehören wollen, ambivalente Freundschaften.

Der Titel des Buches mag vielleicht doppeldeutig, vielschichtig sein; zum einen gibt es eine Geschichte, in der ein Astronautenanzug wesentlich ist - es war die Zeit der Fernsehserie " Raumpatrouille Orion" - , zum anderen war natürlich ein Kinderleben im Hause des Bundeskanzlers ein eigener Kosmos. Und zum dritten gelang es dem Kind, seinen ganz eigenen Kosmos zu erschaffen und zu erhalten.

Matthias Brandt hält in allen Erzählungen die Kinderperspektive durch, kein retrospektives Erzählen aus der Erwachsenensicht, kein nachträgliches Bewerten der gemachten Erfahrungen, keine imaginierte Vorausschau auf sein späteres Leben. Das Lesen lohnt.

Und in diesem Fall lohnt sogar ein Hören. Zusammen mit dem grossartigen Pianisten und Stimmenperformer Jens Thomas ist eine CD „ Memory Boy“ entstanden, auf der zwölf , von Thomas komponierte Songs, inspiriert durch die Erzählungen Brandt's , entstanden sind.