Rezension

Eine Klasse im Liebeschaos ...

Sommernachtstraum - Tanya Lieske

Sommernachtstraum
von Tanya Lieske

Bewertet mit 4 Sternen

Die Weihnachtsferien sind vorbei und die Schule geht für die Klasse 9c weiter. Wieder der alte Trott, die Ängste, die Mutproben und diese überflüssigen Gefühle, sprich der ganz normale Wahnsinn des Erwachsenwerdens. Aber nicht nur die Schule macht einigen Schülern zu schaffen, nein auch zu Hause läuft nicht immer alles so rund, wie es eigentlich sollte. Tja und ausgerechnet da kommt Ben Zimmermann, der Englischlehrer, mit einem Theaterstück daher und nicht nur irgendeines, nein es muss Shakespeare sein, und zwar eines seiner berühmten Liebeskomödien. Als hätte er geahnt, dass der Inhalt perfekt zur Situation passt, denn Struppi liebt Mireille, Max liebt auch Mireille, aber wen liebt Mireille? Goofy entdeckt das schönste Mädchen der Welt und der Lehrer Ben wird an alte Jugendgefühle zurückerinnert, ob da noch was ist? Bald sind alle mehr als nur drin im Liebesirrgarten und wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Wer ist den nun wahrhaft verliebt?

Ich liebe Shakespeare und gerade sein Sommernachtstraum ist eine ganz besondere Liebeskomödie und ich könnte sie immer wieder lesen. Nun zu seinem 400sten Todestag nimmt sich Tanya Lieske diesem Klassiker an und lässt es in unserer Zeit spielen. Dabei schafft sie es ganz wunderbar parallelen vom Stück mit den Problemen der Jugendlichen zu verstricken und schafft so eine ganz neue Geschichte mit altem Glanz.

Ihr Buch ist auch in eine Art Theaterstück unterteilt und dabei hat sie noch was ganz besonderes geschaffen, denn Shakespeare liest die Geschichte mit. Er gibt anhand von Fußnoten immer mal wieder ein Kommentar ab und sorgte bei mir für einige Schmunzler. Auch der unnahbare Oberon ist mit von der Partie und so bekommen die Seiten den Zauber vom ursprünglichen Sommernachtstraum ab. Diesen Clou fand ich wirklich ganz wunderbar gelungen, obwohl ich erst mal für mich herausfinden musste, wer die ganze Zeit seinen Senf dazugibt. Obwohl ich es vom Prolog her, hätte erahnen müssen.

Die Geschichte wird aus ganz vielen unterschiedlichen Richtungen erzählt und so bekommen fast alle Mitwirkenden eine Stimme und so dürfen wir bei jedem in den Kopf schauen und seine Gedanken und Gefühle erfahren. Dabei bekommen wir auch die familiären Probleme mit und hier nimmt die Autorin kein Blatt vor dem Mund. Ein Vater, dessen Affären wichtiger sind, als die Tochter, eine Mutter die vom Alkohol nicht die Finger lassen kann, Drogen und Verwahrlosung spielen auch eine Rolle. Aber auch unser Lehrer, der mit seinem Leben ein bisschen mehr in den Mittelpunkt gerückt wird, hat so seine Probleme und steht gerade vor den Scherben seiner Beziehung.

Ich als Leser hatte wirklich meinem Spaß dem Ganzen zu folgen, mit der Klasse zu wachsen, die Figuren anzufeuern und auf das Beste zu hoffen. Dabei liest es sich locker leicht weg und bekommt nur durch die Fußnoten etwas Nostalgisches. Außerdem versucht man einfach beim Lesen, die ganzen Figuren im Einklang mit dem Klassiker zubringen und zieht so manch einen Vergleich. Wie ihr seht, ich mochte die Idee und ihre Umsetzung und dann kam der Schluss. Ganz ehrlich, ich bin immer noch am Rätseln, was mir Tanya Lieske hier sagen wollte. Für mich ist der Sommernachtstraum eine Komödie mit einem guten Ende, hier wird aber ein ganz anderer Schluss erzählt und vielleicht sehe ich das große Ganze nicht, aber ich bin immer noch etwas ratlos, wie ich es finden soll. Ich möchte natürlich nichts verraten, aber wenn ich schon so viel darüber grübele, frage ich mich, wie jüngere Leser darauf reagieren. 

In diesem Sommernachtstraum hätte ich auch gern eine Rolle gespielt, auch wenn mir am Ende einige Punkte nicht so zusagten. Leider lässt sich schwer enträtseln, was genau die Autorin sagen möchte, oder warum sie diesen Weg gewählt hat, ich hätte in ihrem Nachwort gern einen Satz dazu gefunden, aber das ist nun mein Geschmack, vielleicht sehe ich das zu kompliziert. Ansonsten fand ich die Schüler ganz wunderbar in Szene gesetzt und die gezielten Schwerpunkte ganz wunderbar platziert. Ein Liebestraum der anderen Art, modern, aber immer noch zeitlos.