Rezension

Eine Rezension zum Hörbuch

Club der roten Bänder
von Albert Espinosa

Bewertet mit 4.5 Sternen

Als langsam aber sicher abzusehen war, dass sie Fernsehserie "Club der roten Bänder" ein Erfolg werden würde, fragte ich mich, ob auch ein Hörbuch produziert werden sollte. Immerhin interessierten sich viele Fans für das gleichnamige Buch von Albert Espinosa, also, hoffte ich, dass die Wahrscheinlichkeit groß war, die Geschichte als Hörbuch zu erleben. Kurzerhand stellte ich eine Anfrage an meine Ansprechpartnerin beim Hörverlag, die zuerst verneinte, aber wenige Wochen später berichtete, dass doch eine Hörfassung in Planung sei. 

Gelesen wird "Club der roten Bänder" von Adam Nümm, einem Sprecher, der mir, nach wenigen Minuten, gefühlt bekannt vorkam. Woher? Ich habe keine Ahnung. Jedenfalls stellte sich sofort eine Vertrautheit ein, die mir den Einstieg in das Hörbuch erleichterte. Hier hatte ich das Gefühl, dass mir Nümm direkt gegenüber saß und Espinosas Geschichte, wie selbstverständlich, erzählte. Ich hatte mir schon oft ausgemalt, wer die Biografie wohl lesen würde. Meine Erstbesetzung wäre wahrscheinlich Nick Julius Schuck gewesen. Schließlich ist er ja auch in der gleichnamigen Serie der allwissende Erzähler und hat somit viele Sprechrollen. Bei dem Hörbuch stellte sich aber schnell heraus, dass hier eine andere Geschichte erzählt werden sollte, für die es eine, ich traue mich fast gar nicht es zu schreiben, reifere Stimme braucht. Von daher war Adam Nümm die absolut richtige Wahl. 

"Club der roten Bänder" war das erste Rezensionsexemplar, das ich als Hörbuch Download erhalten habe. Zuerst war ich irritiert, da das Hörbuch 76 Tracks enthält und somit gerade mal eine Spielzeit von 3 Stunden hat. Dennoch wird in diesen scheinbar wenigen Tracks viel Diskussionsstoff für weitere Geschichten geboten.

Nun kommen wir aber zum Inhalt: Es fällt mir schwer, diesen in einem Abschnitt zusammenzufassen, da Albert Espinosa viele Themen anschneidet. Alles beginnt mit seiner Knochenkrebs Erkrankung. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass wir etwas mehr über die echten Clubmitglieder erfahren und Espinosa ein paar Fragen beantwortet, die in der Serie bisher noch unbeantwortet blieben.

Jedoch erzählt Albert Espinosa im "Club der roten Bänder" mehr, wie er zu dem Mann wurde, der er heute ist und wie er die Jahre, geprägt von Krankenhausaufenthalten, und der Frage, wie lange er noch leben würde, überstanden hat, ohne zu resignieren.

Obwohl ich mit einem anderen Inhalt gerechnet habe, hat mich die eigentliche Geschichte beeindruckt. Mit 14 Jahren gibt es tausend schönere Sachen, als sich das Bein amputieren lassen zu müssen. Dennoch hat es Albert Espinosa geschafft, in den darauffolgenden Jahren eine innere Stärke zu entwickeln. Er gibt einer Glücksakte um einiges mehr Bedeutung als einer Krankenakte. In 23, Espinosas magischer Zahl, Entdeckungen erzählt er den Lesern von seinen wichtigsten Erfahrungen, die er während seiner Krebserkrankung machen durfte. Und einige kann ich genauso unterschreiben.

Besonders angetan bin ich von seiner Definition "der Gelben". Ich glaube, jeder von uns hat einmal eine ähnliche Erfahrung gemacht und kann nachvollziehen, was Espinosa uns hier sagen möchte.

Nicht zu vergessen ist Albert Espinosa mit einem genialen Humor gesegnet. So lädt er beispielsweise seine Freunde zur Abschiedsparty seines Beines mit den Worten: "Du darfst auch gerne zu Fuß kommen", ein. Eine Art von schwarzen Humor, die man erst einmal aufbringen muss. Schließlich ist eine Beinamputation eigentlich nichts, worüber man Witze machen könnte. 

Hier und da hatte ich mit Albert Espinosas Schreibstil etwas Schwierigkeiten. Er hat zum einen eine sehr schöne, bildhafte Sprache, die durch seinen Humor geprägt ist. Diese macht es einem leicht, in die Geschichte einzutauchen und sorgt auch für einen schönen Lese- ich meine natürlich Hörfluss.

Andererseits neigt er auch dazu, hier und da etwas abzuschweifen, oder inhaltlich auszuholen. Es ist nicht so, dass ich zwischenzeitlich gelangweilt war. Mein Gehirn musste diese Fülle an Informationen und Erfahrungen nur irgendwie verdauen.

Daher empfehle ich: Obwohl der Schreibstil leicht zu lesen ist, macht Pausen und lest das Buch nicht in einem Rutsch durch. Ich hatte das Gefühl, dass mir so etwas vom Inhalt auf dem Weg verloren ging und ich einige Passagen wirklich nochmal hören müsste.

Trotz der anderen Geschichte mit der ich zu Beginn nicht gerechnet hätte, bin ich von dem Buch keinesfalls enttäuscht. Mich fasziniert Albert Espinosas Sicht auf das Leben. Als ich irgendwann dachte: "Hm... ein bisschen wie bei 'Dienstags bei Morrie'" zitierte der Autor keine Minute später aus dieser Geschichte. Obwohl die Protagonisten in beiden Büchern eine schwere Zeit durchmach(t)en, konnte ich mich mit Albert Espinosas Geschichte besser identifizieren.

Um jetzt aber mal zum Ende zu kommen: Ich empfehle das Buch allen, die sich für tiefgründige Geschichten interessieren. Es muss aber auch unbedingt erwähnt werden, dass beispielsweise die 23 Entdeckungen Albert Espinosas Sicht auf das Leben sind und es hier durchaus verschiedene Ansichten geben darf, die der Autor sogar befürwortet.