Rezension

Eine schöne Geschichte

Bühlerhöhe - Brigitte Glaser

Bühlerhöhe
von Brigitte Glaser

Bewertet mit 4 Sternen

An "Bühlerhöhe" war ich hauptsächlich interessiert, weil die Geschichte in meinem Umfeld spielt - die meisten Schauplätze der Erzählung sind mir selbst bekannt, sodass es faszinierend war zu sehen, was sich verändert hat und wie der Zweite Weltkrieg sich auf das Leben in den Jahren danach ausgewirkt hat. Der Autorin ist es dabei gelungen, alles sehr eindringlich zu beschreiben, sodass man sich das vom Krieg gebeutelte Deutschland gut vorstellen konnte. Angemerkt werden sollte, dass einige Charaktere gelegentlich im Dialekt sprechen, aber es sind meistens Kleinigkeiten wie "isch" statt "ist" und aus dem Kontext ist immer verständlich, worum es geht.

Die Geschichte spielt im Jahr 1952, zu dem Zeitpunkt, als das Wiedergutmachungsgesetzt diskutiert wurde. Dieses Gesetz war sehr umstritten, sowohl auf deutscher als auch auf israelischer Seite, und eigentlich alle Positionen werden in diesem Roman vertreten. Es gibt extreme Zionisten, die kein deutsches Blutgeld wollen und Deutsche, die Juden nach wie vor ablehnen, aber auch Demonstrationen gegen Antisemitismus und Menschen, die Reue zeigen. Die verschiedenen Positionen werden dabei authentisch dargestellt und diese Mischung schien mir sehr realistisch zu sein, gerade die mehr oder weniger unterschwellige Einstellung des Antisemitismus, der so kurz nach dem Krieg bei vielen noch präsent war.
Die Protagonisten sind Rosa Silbermann, die sehr stolz auf Israel ist und nicht verstehen kann, wieso nicht alle Juden dort leben wollen, und Sophie Reisacher, die weltgewandte Männer bevorzugt, dem Hotel entkommen möchte und gewisse Vorurteile hegt. Beide Charaktere (und auch die Nebenfiguren) sind gut ausgearbeitet und haben sowohl positive als auch negative Eigenschaften; mir selbst war Rosa sympathischer, aber auch sie hat sehr unangenehme Charakterzüge, während ich stellenweise durchaus Mitleid mit Sophie Reisacher empfunden habe. Die Autorin hat beide Frauen glaubhaft geschrieben und so, dass sie menschlich und echt wirken.

Die Geschichte um das geplante Attentat auf den Kanzler (das laut Anmerkung der Autorin in dieser Form nie stattgefunden hat) war sehr interessant und obwohl es kein Krimi ist, war es interessant zu überlegen, wer wohl hinter dem Plan stecken könnte. Die Auflösung war überzeugend und passend, aber für mich nicht überraschend, da ich diesen Verdacht schon vorher hatte. Dennoch gab es durchaus mehrere Kandidaten, die ihre verschiedenen Motive gehabt hätten, und auch ein paar gute falsche Fährten, sodass die Lektüre unterhaltsam und recht spannend war.

FAZIT
"Bühlerhöhe" ist ein guter Roman, der historische Fakten gut mit einer erfundenen, aber spannenden und interessanten Geschichte um ein Attentat auf den Kanzler kombiniert. Die damalige Zeit ist gut und überzeugend dargestellt, sodass man auch einen kleinen Einblick in die Nachkriegszeit und die Debatte um das Wiedergutmachungsgesetz bekommt.