Rezension

Eine schöne Kulisse, aber auch viel verschenktes Potenzial

Die Buchhandlung in der Baker Street -

Die Buchhandlung in der Baker Street
von Sarah Jio

Bewertet mit 3 Sternen

Die in Seattle lebende Valentina erfährt eines Tages, dass sie eine Buchhandlung in London von ihrer Mutter Eloise geerbt hat. Valentina weiß fast nichts über diese Frau, da sie aus ihrem Leben verschwand, als Valentina noch ein Kind war. In der Buchhandlung in London entdeckt sie in jedem ihrer Lieblingsbücher Nachrichten von ihrer Mutter an sie. Was Valentina nach und nach herausfindet, ist unfassbar ... Zum Glück ist Valentina bei alledem nicht allein, sondern hat Millie, die beste Freundin ihrer Mutter, an ihrer Seite ...

Ein Roman über Familie, Liebe, Bücher, aber auch über Dramen und dunkle Geheimnisse. Eine Geschichte, die so toll und vielversprechend klang, letztlich aber ziemlich hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Die Geschichte lässt sich stets angenehm flüssig lesen, und die Kulisse, vor allem die Kombination aus Buchhandlung und Katze, fand ich toll.

Erzählt wird diese Geschichte auf zwei Ebenen: in der Vergangenheit bzgl. Eloise und in der Gegenwart bzgl. Valentina. Zunächst gefiel mir Valentinas Erzählstrang einfach besser, fand ich diesen doch atmosphärischer und die Figuren dort besser gelungen, während für meinen Geschmack in Eloises Erzählstrang alles etwas zu distanziert blieb.

Mit Eloises und Franks Aufbruch nach Amerika änderte sich dies jedoch schnell; Frank ist dort wie ausgewechselt. Nun besticht dieser Erzählstrang durch seine mysteriöse Grundstimmung. Was hat es bspw. mit diesem Hut auf sich; mit Franks früherer Frau; und welche Rolle spielt die Haushälterin, und was weiß sie? -Eloises Erzählstrang wurde zunehmend spannender, während Valentinas Erzählstrang mehr oder weniger vor sich hinplätscherte.

Mir persönlich war es einfach zu viel von allem: zu oberflächlich, zu viel Drama, zu viel Zufall, zu viel Kitsch. Am Ende zu rosarot, zu viel Friede-Freude-Eierkuchen. Es passt einfach nicht so recht zum ganzen Rest.

Was mich am meisten stört: so viele Dinge, die nur angekratzt, dann aber im Sande verlaufen lassen wurden; die als eine Art Schlüsselszene dargestellt wurden, dann aber überhaupt keine Rolle mehr spielten! Unverständlich, warum die Autorin sie überhaupt einbaute. Denn so bleiben am Ende nur viel zu viele offene Fragen - und der Leser bleibt völlig unbefriedigt zurück.

Was hatte es etwa mit dem Tod von Franks erster Frau auf sich? War es ein Unfall oder doch mehr? War die Haushälterin nun gut oder böse? Was wusste sie wirklich? Und warum in aller Welt wurde dieser Hut überhaupt erwähnt und so mysteriös dargestellt, wenn wir nie wirklich erfahren, was es mit diesem Hut und dieser Frau, der er früher gehörte, auf sich hat; warum er Frank so triggert??? Auch bzgl. Frank selbst bleiben Fragen offen. Über die wirklich wichtigen Dinge verliert die Autorin leider kein Wort mehr. Man kann als Leser nur Mutmaßungen anstellen. Überhaupt frage ich mich bis zuletzt: Warum handeln diese Figuren nur so und nicht anders? Warum stellen sie nie Dinge in Frage? Das gilt gerade bzgl. Valentina und Eloise und Franks Verhalten.

Die Geschichte an sich ist sehr dramatisch und berührend. Die Grundidee ist gut; sie hat so viel Potenzial! Leider nutzt die Autorin es nicht aus. Insgesamt ein netter Roman, der aber leider seine Schwächen hat. Wirklich fesseln, packen, begeistern und überzeugen konnte "Die Buchhandlung in der Baker Street" mich leider nicht. Doch wer diese Art von Geschichten mag und über die erwähnten Dinge hinwegsehen kann, der wird den Roman dennoch gerne lesen.